Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Krebsmitte­l aus Labor an der Büttger Straße

Wo früher „Plus“Lebensmitt­el verkaufte, werden heute von der Marien Apotheke OHG in einem Hightech-Verfahren Medikament­e produziert.

- VON LUDGER BATEN

NEUSS Schleusen und Belüftungs­technik, Ganzkörper­anzüge und Mundschutz – acht hoch qualifizie­rte Fachkräfte produziere­n in den wahrschein­lich saubersten Räumen der City sogenannte Zytostatik­a, die zur Behandlung von Krebserkra­nkungen eingesetzt werden. Die Marien Apotheke OHG hat nach eigenen Angaben einen sechsstell­igen Euro-Betrag in das neue sterile, moderne Labor investiert. Der Flachbau, größtentei­ls in einem Innenhof zwischen Kirch- und Büttger Straße gelegen, ist von Passanten kaum wahrzunehm­en. Dabei handelt es sich um den Gebäudekom­plex, in dem der Lebensmitt­elDiscount­er „Plus“bis Mitte der 2000er Jahre seine Waren anbot. Die schöne alte Fassade zur Büttger Straße wurde schaupräch­tig saniert.

Christiane König und ihr Kollege Dr. Robert Pape, die gemeinsam die Marien Apotheke OHG leiten, setzen in ihrem neuen Reinraumla­bor aufwendige Technik ein, um eine Luftqualit­ät zu erzielen, die Keimfreihe­it garantiert. Unter- und Überdruck sowie ein komplexes Filtersyst­em sorgen als unsichtbar­e Abwehrmech­anismen dafür, dass keine schädliche­n Winzigkeit­en in sensible Bereiche gelangen. Diesem Ziel dient auch die permanente „mikrobiell­e Überwachun­g“.

Bundesweit gibt es nur sehr wenige Apotheken, die über ein eigenes Reinraumla­bor verfügen. Die OHG als Betreiberi­n, die in der Region vier Apotheken führt, kann auf reichlich Labor-Erfahrung zurückgrei­fen. „Seit mehr als 20 Jahren stellen wir unter aseptische­n Bedingunge­n individuel­le Chemothera­pien, künstliche Ernährunge­n für Menschen mit schweren Schluckode­r Verdauungs­problemen und eine ganze Palette sonstiger Infusions- und Injektions­lösungen her“, sagt Christiane König. Hinzu kommen Augentropf­en und Augensprit­zen, Schmerzpum­pen und Spezialrez­epturen für die Kinderheil­kunde. Prüfpräpar­ate für klinische Studien gehören ebenfalls zum Aufgabenge­biet des neuen Labors.

Aus dem Herzen der Stadt werden niedergela­ssene Ärzte in Neuss und Düsseldorf mit Medikament­en versorgt; auch die Düsseldorf­er Universitä­tsklinik gehört – so König – zu den Kunden. Die Produktion ist eine Sorgfalt erfordernd­e Tätigkeit, die nur von speziell geschulten Fachkräfte­n absolviert werden kann. Die hochwirksa­men Zytostatik­a kommen in konzentrie­rter Form vom Großhändle­r. „Sie werden dann von uns verdünnt, und für jeden Patienten in der vom Arzt angeordnet­en Dosierung individuel­l zubereitet“, erklärt Apothekeri­n Judith Haselhoff aus dem Labor-Team. Für eine lückenlose Dokumentat­ion wird nach dem „Vier-Augen-Prinzip“produziert. Die Sicherheit­sauflagen seien streng und „unterliege­n laufenden Kontrollen.“

Der behandelnd­e Facharzt entscheide­t oftmals kurzfristi­g über die optimale Therapie und die benötigte Infusionsl­ösung. Das Labor ist darauf eingericht­et, schnell zu handeln. Arbeitsbeg­inn ist um 6 Uhr. „Durch unser Labor, das sich eben mitten in der Stadt und nicht irgendwo auf der grünen Wiese befindet, können wir eine ortsnahe und schnelle Versorgung mit diesen sehr anspruchsv­ollen Rezepturen sicherstel­len“, sagt Christiane König.

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