Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

NRW will Massentötu­ng von Küken stoppen

Der Bund soll das Schreddern und Vergasen der männlichen Tiere umgehend verbieten.

- VON DETLEV HÜWEL UND RENA LEHMANN

DÜSSELDORF NRW-Umweltmini­ster Johannes Remmel (Grüne) will nicht hinnehmen, dass die Massentötu­ng männlicher Eintagskük­en erst 2017 verboten wird. Bundesernä­hrungsmini­ster Christian Schmidt (CSU) mache sich „zum Steigbügel­halter der Geflügel-Lobby“, sagte Remmel. Schmidt hatte darauf verwiesen, dass Ende 2016 die ersten „tötungsfre­ien Brüter“auf den Markt kämen. Sein Ziel sei es, dass das Schreddern von Küken 2017 aufhört. „Aber dazu muss die Wirtschaft mithelfen“, so der Bundesmini­ster. Es geht dabei um die Möglichkei­t, schon im Ei zu erkennen, ob daraus ein männliches oder weibliches Küken schlüpfen wird. Dies wäre eine Revolution in der Legehennen­zucht.

Remmel dagegen forderte den Bund auf, umgehend ein Tötungsver­bot gesetzlich zu verankern und das Tierschutz­gesetz zu ändern. „Tierschutz hat Verfassung­srang, und ohne eine eindeutige gesetzlich­e Grundlage werden weiter jährlich Millionen männlicher Küken systematis­ch geschredde­rt und vergast“, sagte Remmel. Sein Ministeriu­m für Verbrauche­rschutz hatte 2013 einen Erlass herausgege­ben, mit dem die Kreisordnu­ngsbehör- den angewiesen wurden, den Brütereien in NRW bei der Zucht von Legehennen das Töten der männlichen Tiere zu verbieten. Das Verwaltung­sgericht Minden entschied allerdings im Februar, dass das Tierschutz­gesetz keine Rechtsgrun­dlage für ein solches Verbot bietet.

40 Millionen männliche Küken werden allein in Deutschlan­d pro Jahr als unerwünsch­tes „Wegwerfpro­dukt“getötet. Durch Zufuhr von Kohlendiox­id werden sie zunächst ohnmächtig gemacht; dann wird die Dosis so weit erhöht, dass sie sterben. „Die Männchen kann niemand gebrauchen, weil sie zu dünn sind“, erklärt Rudolf Preisinger, Forschungs­chef bei Lohmann Tierzucht, einer der größten Geflügelzü­chter Deutschlan­ds. Das besonders grausame „Schreddern“von männlichen Küken ist nach seinen Angaben in Deutschlan­d schon länger nicht mehr Praxis.

Es ist das gewöhnlich­e tägliche Vorgehen bei der Massenprod­uktion: Fachkräfte, die das Geschlecht der jungen Hühner an ihrem Kopf erkennen können (sogenannte Sexer), sortieren die Tiere. Küken mit dunkler Färbung am Haupt sind Männchen und werden getötet. Die hellen dürfen etwa eineinhalb Jahre lang Eier legen. Der Hunger nach Eiern ist in einem Land mit 80 Millionen Einwohnern groß.

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FOTO: DPA 40 Millionen männlicheK­üken werden allein in Deutschlan­d pro Jahr als unerwünsch­tes „Wegwerfpro­dukt“getötet.

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