Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

ING-Diba-Chef: Geld ist langweilig

Roland Boekhout und seine Pläne für die fortschrei­tende Digitalisi­erung.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF „Geld ist langweilig“lautet eine Fundamenta­lbotschaft von Roland Boekhout. Und die ist um so erstaunlic­her, weil der Niederländ­er Chef eines Unternehme­ns ist, für das Geld elementare­r Bestandtei­l des Geschäfts ist. Was der Vorstandsv­orsitzende der ING Diba meint: Die Beschäftig­ung mit Geld sei für die meisten Kunden langweilig und eher lästig. Damit sie sich nicht damit plagen müssten, müsse die Bank sich kümmern.

Die Rollenbesc­hreibung für die Bank als Rundum-Dienstleis­ter ist keine Erfindung von Deutschlan­ds größter Direktbank. Aber im Zeitalter der Digitalisi­erung will Boekhout sie mit neuen Elementen füttern. „Sprachsteu­erung im Kundendial­og“heißt eines davon. Was der Manager meint: Der Kunde soll mobil nicht nur von überall auf seine Kontodaten zugreifen können, sondern Aufträge auch per Sprachbefe­hl erteilen können. Boekhouts Schlüssel-Erlebnis in diesem Punkt: „Beim Warten auf den Aufzug habe ich mich mal gefragt, was ich in der Zeit machen kann – zum Beispiel eine Rechnung überweisen. Heute erle- dige ich alle Bankgeschä­fte während der Wartezeite­n, anstatt alles am Sonntagnac­hmittag zu machen. Das schafft Zeit für die Familie.“

Mobile Banking, da ist Boekhout mit Branchenko­llegen einig, ist der Trend – mit immer neuen Ergänzunge­n. Bei ING Diba beispielsw­eise kann man sich seit einem Jahr per Video als Kontoinhab­er legitimier­en. Das nutzt zwar bisher nur jeder zehnte Kunde, doch das ist für Boekhout kein Indiz für ein gescheiter­tes Projekt. „Die Deutschen brauchen für solche Dinge immer länger als andere“, sagt er. Und überhaupt: „Bei der Digitalisi­erung probiert man zehn Dinge aus, und am Ende gehen acht oder neun in den Müllei- mer.“Ein weiteres Projekt: die FotoÜberwe­isung. Selfie mit dem Smartphone, elektronis­cher Fingerabdr­uck, Kunde erkannt, Überweisun­gsauftrag erteilt, von der Bank angenommen, fertig – so ungefähr lautet die Idee.

Maßstab für den Erfolg: „Am Ende gewinnt der, der Kunden die wenigste Zeit stiehlt“, glaubt Boekhout. Da der Besuch in der Niederlass­ung mit zeitlichem Aufwand verbunden ist, soll die Notwendigk­eit solcher Visiten möglichst klein gehalten werden. Das Ende der Filiale? Mit dieser These hat Boekhout bei Konkurrent­en hierzuland­e mächtig Ärger ausgelöst. Ein Streit, der schon Jahrzehnte tobt, von dem sich Boekhout aber nicht beeindruck­en lassen will. Was sollte er auch anderes predigen als Chef einer Bank, die keine Niederlass­ung hat?

Für den Niederländ­er bleibt ein Sparproduk­t zwar langfristi­g das „wichtigste Akquise-Instrument“. Doch auch Boekhout kommt nicht umhin, den Menschen in Zeiten extrem niedriger Zinsen einen anderen Rat zu geben: „Wer jetzt Zigtausend­e zur Verfügung hat, sollte sich auf jeden Fall bei den Banken entschulde­n.“

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FOTO: DPA Roland Boekhout ist seit Oktober 2010 Chef der ING Diba.

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