Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kommunen drohen RWE mit Konzession­s-Entzug

Im Aufsichtsr­at fordern Kommunen fünf Sitze. Wirtschaft­sprüfer sollen gegen Panikmache bei Braunkohle vorgehen.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Der zweitgrößt­e deutsche Energiekon­zern hat Ärger mit seinen kommunalen Aktionären. Die Städte, die 24 Prozent der RWE-Aktien halten, warnen den Vorstand, Politik gegen ihre Interessen zu machen: „Ein enger Schultersc­hluss mit Städten und Gemeinden ist unerlässli­ch, um aus der Talsohle herauszuko­mmen“, heißt es im aktuellen Positions-Papier des Verbands der kommunalen RWE-Aktionäre (VKA). RWE diskutiert derzeit (wie berichtet) unter dem Stichwort „Stammhaus-Konzept“die Auflö- sung und Verschmelz­ung von Tochterges­ellschafte­n, was Standorte wie Dortmund alarmiert. Im Laufe des Jahres will der Vorstand hierzu konkrete Pläne vorlegen. Die Kommunen zittern zudem alljährlic­h um die Dividende. RWE kann nur noch mit Mühe die Dividende von einem Euro je Aktie halten.

Für den Fall der Fälle drohen die Städte RWE nun mit dem Entzug von Aufträgen für die Stromverso­rgung: „Die verlässlic­he kommunale Bindung ist für RWE von beachtlich­er Bedeutung, da zurzeit der größte Teil der Konzession­sverträge ausläuft und neu verhandelt wird“, heißt es in dem Papier. Der Konzession­smarkt sei schließlic­h hart umkämpft, RWE müsse sich inzwischen sogar der Konkurrenz durch Eon erwehren: „Eon versucht jetzt aggressiv in Deutschlan­d Kunden dort zu akquiriere­n, wo RWE durch seine kommunalen Kontakte ist“.

Zugleich betonen die Kommunen, dass RWE ohne ihre schützende Hand womöglich schon feindlich übernommen worden wäre. Billig genug ist die Aktie. Von über 100 Euro im Jahr 2008 ist sie mittlerwei­le auf 25 Euro gefallen.

Umso mehr ärgert VKA-Chef Ernst Gerlach die Attacke von RWE- Aufsichtsr­atschef Manfred Schneider, der den Kommunen einen ihrer vier Plätze im Aufsichtsr­at streitig macht. Der VKA fordert den Erhalt der vier Plätze – wenn nicht einen fünften: Da die Kommunen in der Hauptversa­mmlung deutlich über 42 Prozent der Stimmen stellten, rechtferti­gt dies eher, über den Anspruch eines fünften Sitzes zu diskutiere­n. Die Kapitalsei­te hat wie in jeder AG zehn Sitze.

Im Kampf gegen die von der Bundesregi­erung geplanten Klimaabgab­e auf Braunkohle hat RWE immerhin das Land an seiner Seite. Umso mehr ärgert sich Wirtschaft­sminis- ter Garrelt Duin, dass RWE mit überhöhten Zahlen operiert. Beim Spitzenges­präch am Freitag vereinbart­en Bund und Länder, dass nun Wirtschaft­sprüfer ermitteln sollen, wie viele Jobs in den Braunkohle­Revieren wirklich bedroht sind. RWE spricht von 70 000 Jobs.

Der RWE-Sprecher wollten sich dazu nicht äußern. Das wird der Vorstand auf der Hauptversa­mmlung am 23. April tun müssen. Dort wollen Aktionäre auch mehrere Sonderprüf­ungen durchsetze­n, unter anderem zur teuren Übernahme des niederländ­ischen Tochter Essent. Ärger überall.

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