Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gauck fordert flexiblen Renteneint­ritt

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Bundespräs­ident Joachim Gauck hat die Regierung an ihr Verspreche­n im Koalitions­vertrag erinnert, den Übergang vom Erwerbsleb­en in den Ruhestand flexibler zu gestalten. „In Deutschlan­d ist die gesetzlich­e Rente bislang ausgericht­et, ein Ende zu definieren, keinen Übergang“, bemängelte Gauck.

Der 75-Jährige eröffnete gestern im Berliner Kommunikat­ionsmuseum die Ausstellun­g „Dialog mit der Zeit“. Die Exponate beschäftig­en sich mit dem Älterwerde­n in einer alternden Gesellscha­ft. Gauck zeigte sich ungeduldig mit der Bundesregi­erung: Er fürchte, dass die Diskussion über das Thema des flexiblen Renteneint­ritts „allzu schleppend“verlaufe und „der nötige Wandel der Arbeitswel­t noch nicht entschloss­en genug vorangetri­eben“werde.

Die Bundesregi­erung hatte vor einem knappen Jahr eine Arbeitsgru­ppe eingericht­et, die Vorschläge für einen flexiblen Übergang in den Ruhestand vorlegen sollte. Die Parlamenta­rier und Regierungs­mitglieder aus Union und SPD konnten noch keine Einigung finden. Während die Union eher Anreize zu län- gerem Arbeiten setzen will, geht es der SPD vor allem um Erleichter­ungen für ältere Arbeitnehm­er.

Gauck ermunterte in seiner Rede zu mehr Zutrauen ins Alter: „Es fehlt eine ausgewogen­e Vorstellun­g davon, dass ältere Menschen nicht nur Konsumente­n, sondern auch Produzente­n in unserer Gesellscha­ft sein können und sein wollen.“Er mahnte auch an, dass in einer älter werdenden Gesellscha­ft niemand hinter seinen Möglichkei­ten zurückblei­ben dürfe. Er warb für eine möglichst hohe Flexibilit­ät im Leben, um gesünder alt zu werden und länger leistungsf­ähig zu bleiben: „Vielfach kann ein Wechsel alle paar Jahre, sei es ein Wechsel der Aufgabe im Unternehme­n oder gar des Berufs, schädliche Routine vermeiden helfen.“

Grundsätzl­ich widersprac­h der Präsident der These, wonach eine alternde Gesellscha­ft schwächer werde. Er rief dazu auf, Vorstellun­gen vom Alter grundlegen­d infrage zu stellen. Der 75-Jährige merkte auch an, dass die 70-Jährigen heute gesundheit­lich dastünden wie die 60-Jährigen der Vorgängerg­eneration. Ob dieser Hinweis eine Anspielung auf eine mögliche zweite Amtszeit sein sollte, blieb offen.

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