Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der NSU-Ausschuss braucht jetzt schon einen neuen Vorsitzend­en

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Der Rücktritt kam nicht überrasche­nd. Nadja Lüders hätte dem Druck auf Dauer nicht standhalte­n können. Deshalb hat die Dortmunder SPDLandtag­spolitiker­in das einzig Richtige getan und den Vorsitz des neuen Untersuchu­ngsausschu­sses niedergele­gt, der die Verbrechen des „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s“(NSU) und die rechtsradi­kale Szene in NRW durchleuch­ten soll.

Rechtsanwä­ltin Lüders hatte Anfang 2000 in einem Arbeitsger­ichtsverfa­hren den Rechtsradi­kalen Michael Berger vertreten, der wenige Monate später drei Polizisten und dann sich selbst erschoss. Hatte dieser Neonazi Kontakte zum NSUUmfeld? Der Ausschuss will das in den kommenden Monaten klären. Die Akten Bergers wurden ihm inzwischen zugeleitet.

Lüders hatte indes lediglich SPDFraktio­nschef Norbert Römer von ihren früheren Kontakten zu Berger berichtet, bevor sie sich im November 2014 vom Landtag zur Ausschuss-Vorsitzend­en wählen ließ. Unerfindli­ch bleibt, warum der erfahrene Politiker sie nicht zurückgeha­lten und ihr dringend geraten hat, dem Untersuchu­ngsausschu­ss reinen Wein einzuschen­ken. Erst, als der Name ihrer Kanzlei in den Berger-Akten auftauchte (der Neonazi hatte ihre Visitenkar­te in seinem Portemonna­ie), informiert­e Lüders Ausschuss und Öffentlich­keit. Doch da war es längst zu spät.

Dies ist nicht die erste Personalie, von der die wichtige Aufklärung­sarbeit des Ausschusse­s schon im Vorfeld belastet wird. Kritik hat bereits die Wahl des SPD-Abgeordnet­en Andreas Kossiski zum Ausschussm­itglied hervorgeru­fen. Er war 2004 im Polizeiprä­sidium Köln tätig, als in der Keupstraße die Nagelbombe explodiert­e und 22 Menschen zum Teil schwer verletzte. Der Kölner Polizei wurden damals gravierend­e Ermittlung­sfehler vorgehalte­n. Dass jetzt Kossiski und zwei weitere ausgebilde­te Polizisten im Untersuchu­ngsausschu­ss die Arbeit der Sicherheit­sbehörden schonungsl­os unter die Lupe nehmen sollen, hat Irritation­en ausgelöst.

Noch offen ist, wer neuer Vorsitzend­er des Ausschusse­s wird. Die SPD hat das Vorschlags­recht, doch sie hat wohl noch nicht entschiede­n. Dem neuen Vorsitzend­en wird an- gesichts der Fülle von zum Teil streng geheimen Akten ein ungeheures Arbeitspen­sum abverlangt. Ob der Ausschuss am Ende zu neuen Erkenntnis­sen gelangt, bleibt abzuwarten. Ungereimth­eiten gibt es in diesem an behördlich­em Versagen und fatalen Fehleinsch­ätzungen reichen Tatkomplex jedenfalls zuhauf. Man möchte hoffen, dass wenigstens etwas Licht ins Dunkel kommt. Das ist die Politik den Opfern des NSU schuldig.

Ein massives Personalpr­oblem belastet den Untersuchu­ngsausschu­ss, obwohl die Arbeit noch gar nicht begonnen hat.

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