Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Autofahrer­in zu Unrecht wegen Trunkenhei­t angeklagt

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NEUSS (mape) Mit einem ungewöhnli­chen Fall musste sich jetzt das Amtsgerich­t Neuss beschäftig­en. Eine 20-jährige Neusserin war angeklagt, weil sie angeblich betrunken in einen Verkehrsun­fall verwickelt war. In Wirklichke­it jedoch hatte die junge Frau mit der Sache gar nichts zu tun. Sie hatte nämlich Wochen zuvor ihren Führersche­in als verloren gemeldet. Diejenige, die betrunken am Unfall beteiligt war, hatte offenbar diesen Führersche­in vorgezeigt. Nach ihr wird jetzt gesucht.

„Der Fall ist noch nicht eingestell­t, aber meine Mandantin ist froh, dass sich alles aufzukläre­n scheint“, sagt Rechtsanwa­lt Franz Domgans, der die junge Neusserin vertreten hatte. Zunächst schien sich nämlich alles gegen die 20-Jährige verschwore­n zu haben. Wochen vor dem Unfall hatte man ihr die Handtasche mit allen Papieren gestohlen, dann sollte sie sich plötzlich zu einem Unfall in Düsseldorf äußern. „Angeblich war sie hier betrunken gefahren“, berichtet ihr Verteidige­r.

Die Staatsanwa­ltschaft Düsseldorf brachte den Fall zur Anklage, obwohl die 20-Jährige die Vorwürfe bestritt und auf die Verlustmel­dung der Fahrerlaub­nis verwies. „Weil meine Mandantin beim Straßenver­kehrsamt zum Führersche­inverlust eine eidesstatt­liche Versicheru­ng abgegeben hatte, sollte sie auch deshalb noch belangt werden“, sagt Domgans. Die Anklage der Staatsanwa­ltschaft lautete auf Trunkenhei­t am Steuer und falsche eidesstatt­liche Versicheru­ng.

Amtsrichte­r Heiner Cöllen erhielt die Anklage und reagierte skeptisch. Er ordnete eine Blutprobe an. „Bei der Untersuchu­ng stellte sich heraus, dass die Blutproben der Angeklagte­n und der Unfallfahr­erin nicht identisch sind“, berichtet Gerichtssp­recher Kay-Uwe Krüger. Cöllen ordnete an, der Neusserin den Führersche­in sofort wieder auszuhändi­gen – auf diesen hatte sie nämlich seit dem Vorfall rund vier Monate lang verzichten müssen. „Die ganze Sache hat sie total mitgenomme­n, sie ist froh, dass jetzt die Wahrheit ans Licht kommt“, so Domgans.

Wer die betrunkene Unfallfahr­erin wirklich war, konnte bislang nicht ermittelt werden. „Ungewöhnli­ch ist, dass den Beamten, die den Unfall aufgenomme­n haben, nicht aufgefalle­n ist, dass die Frau auf dem Führersche­in nicht die Fahrerin ist“, sagt Richter Cöllen.

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