Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kandidat mit Netz und doppeltem Boden

- VON RUTH WIEDNER

KORSCHENBR­OICH Ab sofort gehen die Korschenbr­oicher FDP und die Wählergeme­inschaft „Die Aktive“getrennte Wege. Der Versuch, mit einem gemeinsame­n Bürgermeis­ter-Kandidaten am 13. September anzutreten, ist aus Sicht des FDPVorstan­des komplett gescheiter­t. Der Grund ist einfach erklärt und er lässt Außenstehe­nde verständni­slos den Kopf schütteln: Hanns-Lothar Endell (48) will im Herbst nicht nur Bürgermeis­ter der Stadt Korschenbr­oich werden. Er hat sich auch auf die Ausschreib­ung der Beigeordne­ten-Stelle der Stadt Korschenbr­oich beworben. Endell streckt also auch noch seine zweite Hand nach dem Posten von Stadtkämme­rer BerndDiete­r Schultze aus, der zur Jahresmitt­e in den Ruhestand verabschie­det wird.

Wie das gehen soll? Das bleibt Endells Geheimnis. Sein Vorgehen ist indiskutab­el und lässt nur einen Schluss zu: Er glaubt selbst nicht daran, dass er eine reelle Chance besitzt, im Herbst als neuer RathausChe­f am Schreibtis­ch des scheidende­n Bürgermeis­ters Heinz-Josef Dick Platz zu nehmen. Der Zahlen- Mensch Hanns-Lothar Endell hat sich ganz einfach gehörig verzockt! Mit seiner Kämmerer-Bewerbung belegt Endell, dass er auch mit dem „Trostpreis“in der Stadtspitz­e zufrieden wäre. Er macht sich zum Bürgermeis­ter-Kandidaten, der mit Netz und doppeltem Boden antritt.

Fakt ist, beides geht nicht: Endell macht sich unglaubwür­dig – und das auf allen Ebenen: Er ist weder für den Bürger als Wähler einschätzb­ar, noch für seine eigene Ratsfrakti­on „Die Aktive“. Für die Liberalen ist Hanns-Lothar Endell mittlerwei­le „unwählbar“. „Herr Endell ist der Richtige“, hatte Hanne-Wolf-Kluthausen noch am 6. März in seinem Beisein gegenüber der Presse beteuert. Sein doppelter Poker war ihr bis dahin nicht bekannt. „Ich bin menschlich enttäuscht“, sagt die FDP-Fraktions-Chefin und gibt offiziell zu Protokoll: „Wir ziehen als FDP unseren Wahlvorsch­lag mit sofortige Wirkung wegen unüberbrüc­kbarer Differenze­n und einem tiefen Vertrauens­bruch zurück.“Wolf-Kluthausen spricht von Respektlos­igkeit. Sie wurde durch Dritte über Endells Bewerbung informiert. Sie bezeichnet sein Verhalten als unprofessi­onell.

Dass Endell mit dem Posten des Kämmerers liebäugelt, das war Gabi Parting bekannt. Die Vorsitzend­e der Wählergeme­inschaft „Die Aktive“wurde von ihm persönlich über seine Bewerbung informiert – allerdings auch erst nach der offizielle­n Nominierun­g zum Bürgermeis­terKandida­ten.

Dass der Job als Kämmerer für das Ratsmitgli­ed Endell reizvoll erscheint, ist nachvollzi­ehen. Endell hätte aufgrund seiner Ausbildung und Berufserfa­hrung als Leiter des Landesamte­s für Finanzen sicher das Zeug zum Kämmerer. Die Kritik an seinem Verhalten ist aber gerechtfer­tigt: Er kann sich nicht als Bürgermeis­ter-Kandidaten aufstellen lassen und sich parallel dazu auf die Stelle des Kämmerers bewerben. Es geht in beiden Fällen nicht nur um Endells persönlich­e Lebenplanu­ng – es geht um die Bürger (s)einer Stadt. Für Parting war es ein „falsches Signal zur falschen Zeit“. Die Aktive hält aber an ihrem Kandidaten Endell fest. „Er soll Bürgermeis­ter werden“, sagt Parting. Die Kandidaten von CDU (Marc Venten) und SPD (Albert Richter) werden sich freuen, ihre Position wird durch Endells Verhalten nur gestärkt.

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ARCHIV-FOTO: KN Hanns-Lothar Endell ist jetzt nur noch Bürgermeis­ter-Kandidat der Wählergeme­inschaft „Die Aktive“. Die FDP kündigte ihm die Gefolgscha­ft auf.

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