Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Boykott gegen jüdische Geschäfte
Gerade einmal zwei Monate waren die Nationalsozialisten an der Macht. Am 1. April 1933 riefen sie erstmals zu einem Boykott jüdischer Geschäfte auf. Jüdische Mitbürger sollten – gemäß nationalsozialistischer Ideologie – aus dem Wirtschaftsleben verbannt werden. Die nationalsozialistische Zeitschrift „Der Stürmer“hatte unter ihrem Herausgeber Julius Streicher die Aktion ideologisch vorbereitet. Der Boykott begann gegen 10 Uhr an diesem Samstagmorgen. Viele jüdische Geschäfte blieben geschlossen, zum einen wegen des Sabbats, zum anderen aus Angst vor den angekündigten Aktionen. Das hinderte die gewaltbereiten Angehörigen der SA sowie ihre Unterstützer von SS und Hitlerjugend nicht daran, Scheiben einzuschlagen und die Geschäfte zu demolieren. Viele Geschäftsleute und ihre Familien wurden Opfer von brutalen Übergriffen. Die übrige Bevölkerung reagierte weitgehend passiv, vereinzelt kam es auch zu Solidaritätsbekundungen. Zum größten Teil wurden die Kunden jedoch von den SA-Truppen eingeschüchtert (Foto) und hielten sich zurück. Am Abend waren zahlreiche Läden geplündert, die Einrichtungen zertrümmert. Schaufenster waren mit Nazi-Parolen beschmiert. Viele jüdische Familien, die die finanziellen Möglichkeiten dazu hatten, entschieden sich nach diesem Tag, ihre Heimat zu verlassen. Die Judenverfolgung in Deutschland hatte begonnen.