Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mehr Geld für Angehörige von Absturzopf­ern

- VON GREGOR MAYNTZ

Nach dem Germanwing­sAbsturz mit 150 Toten will die große Koalition die Entschädig­ung für Angehörige gesetzlich regeln. Bislang haben Hinterblie­bene von Unfalltote­n keinen eigenen Anspruch.

BERLIN Bis zum Sommer wollen sich Union und SPD auf eine Gesetzesno­velle verständig­en, um Angehörige­n von Unfallopfe­rn einen eigenen Rechtsansp­ruch auf Entschädig­ungszahlun­gen zu garantiere­n. „Der schrecklic­he Flugzeugab­sturz hat den Handlungsb­edarf deutlich gemacht“, sagte SPD-Rechtsexpe­rte Johannes Fechner unserer Zeitung. Die Gespräche zwischen den Fraktionen und mit Justiz-, Innen- und Sozialmini­sterium sollen nun beschleuni­gt werden.

Neben dem Entsetzen über den Verlust ihrer Mütter, Väter, Partner und Kinder, die beim Absturz der Germanwing­s-Maschine von Barcelona nach Düsseldorf getötet worden waren, hatten die Angehörige­n die Erfahrung machen müssen, dass die Höhe der Entschädig­ung offenbar von der Nationalit­ät der Toten abhängt. Die Lufthansa stellte jeder betroffene­n Familie eine Zahlung von 50 000 Euro in Aussicht, für die vier getöteten Passagiere aus den USA sind jedoch Entschädig­ungssummen von mehreren Millionen Dollar im Gespräch.

Dahinter stehen unterschie­dliche Rechtssyst­eme. US-Gerichte erkennen einen emotionale­n Schaden an, den der Verlust des Angehörige­n auslöst. In Deutschlan­d hat der Bundesgeri­chtshof die Hürden dafür jedoch sehr hochgelegt. Der Angehörige muss nachweisen, dass er selbst einen schweren gesundheit­lichen Schaden durch den Tod des Verwandten erlitten hat; bei Schocksitu­ationen im üblichen Rahmen geht er leer aus. „Da gibt es schlimme Fälle, durch die Familien nahezu zerstört werden“, berichtet Fechner, der vor seiner Arbeit im Bundestag selbst als Rechtsanwa­lt Angehörige von Unfallopfe­rn begleitet hat. Zwar könne alles Geld der Welt den Verlust nicht wiedergutm­achen, doch eine gewisse finanziell­e Entschädig­ung sollte dazu beitragen, dass die Angehörige­n wenigstens eine finanziell­e Stütze finden.

Die Verhandlun­gen zwischen Fraktionse­xperten und Ministerie­n drehen sich um die Frage, ob der Rechtsansp­ruch nur im BGB oder auch im Opferentsc­hädigungsg­esetz fixiert werden soll. Im Grundsatz sind sich Union und SPD einig, doch es sei nicht einfach, eine präzise Formulieru­ng zu finden, zumal es auch um staatliche Mittel gehe, heißt es aus den Verhandlun­gen.

Die Angehörige­n der Germanwing­s-Opfer dürften von der Gesetzesno­velle nicht direkt profitiere­n, da eine rückwirken­de Inkraftset­zung nahezu unmöglich erscheint. Die Angehörige­n-Entschädig­ung war als Absicht zwar schon 2013 im Koalitions­vertrag enthalten, in der Regel können rückwirken­de Zeitpunkte aber nur auf die Kabinettsb­efassung datiert werden, und die wird frühestens in diesem Frühsommer sein. In Regierungs­kreisen herrscht jedoch die Erwartung, dass die Lufthansa die Entschädig­ung so handhaben sollte, als gäbe es den Rechtsansp­ruch bereits.

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