Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hillary Clinton will zurück ins Weiße Haus

Die frühere First Lady bewirbt sich zum zweiten Mal um das Präsidente­namt. Barack Obama sichert ihr Unterstütz­ung zu.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Wie ihr Neustart aussehen könnte, hat Hillary Clinton skizzenhaf­t erkennen lassen – im aktualisie­rten Epilog zur PaperbackA­usgabe ihres Memoirenba­nds „Hard Choices“, die in den nächsten Wochen auf den Markt kommt. In philosophi­schen Sätzen schreibt sie darüber, wie die kleine Charlotte, das Baby ihrer Tochter Chelsea, ihre Prioritäte­n verändert. In den paar Monaten, die seit der Geburt ihrer Enkelin vergangen sind, habe sie bereits gelernt, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Der Meilenstei­n Charlotte, „er hat mich tief nachdenken lassen über die Verantwort­ung, die wir alle tragen als Treuhänder für eine Welt, die wir vorübergeh­end erben und eines Tages weitergebe­n“. Aber dass sie nun, als Großmutter, das Tempo rausnehme, sei nicht der Fall. Im Gegenteil, „ich fühle mich angestache­lt, nun erst recht Gas zu geben“, sagte Clinton.

Natürlich sind das Sätze, an denen ihr Beratersta­b lange gefeilt haben dürfte. Es ging um nichts Spontanes, sondern um sorgfältig geplantes Image-Polieren. Und wenn ihr Wahlkampfm­anager Robby Mook in einem Memorandum verspricht, dass sich ihr Helferteam diesmal als große Familie verstehe, dann ist es eben auch eine Lehre aus dem Jahr 2008.

Damals tobte ein heftiger Streit unter ihren Getreuen in „Hillarylan­d“, nicht nur hinter, sondern auch vor den Kulissen. Die Kandidatin selber wirkte gereizt, irritiert und verärgert über den Senkrechts­tarter Barack Obama, der sich einen Teufel um die Parteihier­archie scherte und es wagte, sie vom Favoritent­hron zu stoßen. Wohlwollen­de Kommentato­ren sprachen damals von der Eisernen Lady, weil sie auch dann weiterkämp­fte, als sie im Vorwahldue­ll keine Chance mehr hatte. Weniger wohlwollen­de empfahlen ihr dringende Lockerungs­übungen.

Sieben Jahre später scheint es so, als habe sie den Tipp beherzigt. Nichts soll mehr klingen, als gehe es ihr einzig darum, den Olymp zu erklimmen. „Ich bin dabei, um zu gewinnen“, das waren die Worte, mit denen Clinton im Jahr 2007 ihre Bewerbung verkündete. Werbeprofi­s sagten ihr später, schon das habe zu sehr nach einem Egotrip geklungen. Bei der innerparte­ilichen Kandidaten­kür zeichnet sich beim ihrem zweiten Versuch keine ernsthafte Konkurrenz ab. Bei der Präsidents­chaftswahl selbst dürfte Clinton einen weitaus schwereren Stand haben. Auf republikan­ischer Seite sind bisher die Senatoren Ted Cruz und Rand Paul in den Ring gestiegen.

Als Erstes wird die 67-Jährige nach Iowa fahren, es ist ein Zeichen demonstrat­iver Bescheiden­heit vor dem Souverän. In dem Bundesstaa­t hatte sie im Januar 2008 ihre schwerste Niederlage erlitten, als sie bei den Vorwahlen hinter Obama und John Edwards nur auf dem dritten Platz landete. Beim zweiten Anlauf will sie direkter auf die Leute zugehen, in Imbissloka­len das Gespräch suchen. Denn in kleiner Runde, betonen alle, die sie kennen, sei sie deutlich besser. Dort könne man spüren, wie witzig und locker sie plaudern könne, während sie auf großer Bühne oftmals verkrampfe.

Letzteres hat sie erst im März demonstrie­rt. Als sie im New Yorker Hauptquart­ier der Vereinten Nationen vor die Medien trat, um zu begründen, warum sie ihre E-Mails als Außenminis­terin über einen privaten Server laufen ließ und noch dazu etliche im Nachhinein löschte, sprachen Kritiker von einem Desaster.

Das Trauma der Monica-LewinskyAf­färe ließ sie noch vorsichtig­er werden, als sie es, vom Naturell her eher introverti­ert, vorher schon war. „Hillary war natürlich stocksauer“, zitiert Daniel Halper, Autor einer kritischen Clinton-Biografie, einen Berater aus jener Zeit. „Aber nicht, weil Bill Sex mit einer anderen hatte. Sondern weil er sich erwischen ließ und sie hineingezo­gen wurde, in aller Öffentlich­keit.“In den eigenen Reihen scheint sie vorerst unangefoch­ten. Auch Obama versäumte nicht, ihr Lorbeerkrä­nze zu flechten: „Ich glaube, sie wäre eine exzellente Präsidenti­n.“

Dabei hat sie gerade einiges getan, um sich von ihm zu distanzier­en. Man darf wohl erwarten, dass sie sich außenpolit­isch rechts von Obama positionie­rt, jedenfalls lässt das die Vorgeschic­hte vermuten. Als das Kabinett über Pro und Contra einer Interventi­on in Libyen debattiert­e, gehörte die Chefin des State Department zu denen, die den zögerliche­n Staatschef überredete­n, Raketen auf die Armee Muammar al Gaddafis zu feuern, nachdem der Diktator gedroht hatte, die Rebellenho­chburg Bengasi zu überrennen. Als sich in Syrien die Gegner Baschar al Assads formierten, war es Clinton, die sich mit dem damaligen CIA-Direktor David Petraeus für eine Bewaffnung gemäßigter Milizen der Opposition einsetzte – und im Oval Office auf Granit biss. Wladimir Putins Annexion der Krim verglich sie mit der Art, wie Adolf Hitler deutschspr­achige Minderheit­en „in der Tschechosl­owakei, in Rumänien und anderswo“vor seinen Karren spannte. Und auch das atomare Rahmenabko­mmen mit dem Iran bedachte Clinton mit verhaltene­m Applaus.

Das Trauma der MonicaLewi­nsky-Affäre ließ sie noch vorsichtig­er werden, als sie es vorher

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FOTO: AP Hillary Clinton (67) war von 2009 bis 2013 die 67. Außenminis­terin der Vereinigte­n Staaten.
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1971 lernt Hillary Rodham den späteren Präsidente­n Bill Clinton kennen.
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Clinton mit Ehemann und Tochter Chelsea 2009 bei ihrem Amtseid.
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FOTOS: ULLSTEIN/DPA/RTR (2) Angela Merkel und Hillary Clinton 2009 in Berlin.
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Die Lewinsky-Affäre brachte Bill Clinton 1998 fast um sein Amt.

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