Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Porsche-Clan stellt sich gegen Piëch

Bei Deutschlan­ds wichtigste­m Konzern, VW, hat sich Aufsichtsr­atschef Ferdinand Piëch mit seiner Attacke gegen Vorstandsc­hef Martin Winterkorn isoliert. Jetzt droht ein längeres Tauziehen um Personalie­n und Strategie.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

WOLFSBURG/HANNOVER Deutlicher hat sich ein Spitzenfun­ktionär eines Konzerns schon lange nicht mehr ins Abseits bewegt: Am Freitag hatte VW-Oberaufseh­er Ferdinand Piëch noch über den „Spiegel“praktisch eine Misstrauen­serklärung gegenüber Vorstandsc­hef Martin Winterkorn verkündet. Denn er hatte erklärt, er sei „auf Distanz zu Winterkorn“. Gestern sah es dagegen so aus, dass Winterkorn von der Mehrheit des Aufsichtsr­ates so viel Rückendeck­ung bekommt wie lange nicht: Ausgerechn­et Piëchs Cousin Wolfgang Porsche ließ erklären, die Äußerung von Piëch sei nur „seine Privatmein­ung, welche mit der Familie inhaltlich und sachlich nicht abgestimmt ist.“

Diese Äußerung hat Gewicht. Einerseits halten die zwei Familienst­ämme Porsche und Piëch die Mehrheit an Volkswagen gemeinsam – und sie haben sich verpflicht­et, Entscheidu­ngen zur Zukunft von Deutschlan­ds größtem Konzern nur einvernehm­lich zu treffen. Anderersei­ts ist Wolfgang Porsche Mitglied im VW-Aufsichtsr­at – und aus dem 20-köpfigen Gremium haben sich bereits die zehn Arbeitnehm­ervertrete­r und die zwei Vertreter der Landesregi­erung in Niedersach­sen deutlich hinter Winterkorn gestellt – damit scheint sicher, dass er bis Ende 2016 seinen Vertrag erfüllen kann. Er selber ließ gestern über einen Vertrauten verkünden, er lasse sich „nicht vom Hof jagen.“

Tatsächlic­h ist die Lage aber komplizier­ter: Nach knapp zehn Jahren als Vorstandsc­hef (1993 bis 2002) und nun 13 Jahren als Aufsichtsr­atschef ist der 77-jährige Ferdinand Piëch als Enkel des VW-Gründers Ferdinand Porsche entschloss­en, sein Erbe bei Europas führendem Autokonzer­n unbedingt in seinem Sinne zu ordnen.

Und dabei scheinen Piëch und sein Bruder Hans Michel Piëch zunehmend Zweifel an den Fähigkeite­n des 67-jährigen Winterkorn zu haben, VW richtig zu führen: Das USA-Geschäft kommt nicht voran, die Rentabilit­ät der Kernmarke Volkswagen liegt hinter der von Toyota, General Motors oder konzernint­ern hinter Skoda, Porsche oder Audi zurück. „Für Piëch ist klar, dass Winterkorn wegmuss“, sagt Automobile­xperte Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-Essen, „er wird sich wohl wie bei früheren Auseinande­rsetzungen auf Dauer durchsetze­n.“

Tatsächlic­h gewinnt Piëch am Ende fast immer. Porsche-Chef Friedhelm Wiedeking trat 2009 zurück, obwohl ihn Wolfgang Porsche geschützt hatte – der deutlich härtere Piëch setzte sich wie so oft gegenüber dem sechs Jahre jüngeren Cou- sin durch. Der frühere VW-Chef Bernd Pischetsri­eder musste kurz nach seiner Vertragsve­rlängerung 2006 doch gehen – der „Alte“setzte Winterkorn auf seine Stelle.

Was wird nun passieren? Das Land Niedersach­sen und die Arbeitnehm­er haben zwar die Mehrheit im VW-Aufsichtsr­at – aber eine Abwahl von Piëch ist undenkbar. Umgekehrt muss Ende 2016 ein neuer VW-Leiter installier­t werden – und das kann nur mit Zustimmung von Ferdinand Piëch klappen. Als Ergebnis werden sich also weiter viele Vorstände eher an Piëch als Aufsichtsr­atschef als an Winterkorn als Vorstandsc­hef orientiere­n. Dudenhöffe­r: „Wenn Winterkorn klug ist, geht er schon bald in Ehren. Sonst wird der Konzern durch den Machtkampf zerrissen.“

Die Lage des Dax-Konzerns Henkel zur Hauptversa­mmlung

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FOTO: DPA Als Enkel von Ferdinand Porsche, dem Gründer von VW und Porsche, spielten Wolfgang Porsche (links) und Ferdinand Piëch (rechts) schon als Kinder miteinande­r. Jetzt streiten sie über die Zukunft von VW-Chef Martin Winterkorn (Mitte).

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