Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gladbach lässt Dortmund stehen

Beim 3:1 zerlegt Borussia den BVB vor allem über den starken Patrick Herrmann. Die Champions League rückt näher.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

MÖNCHENGLA­DBACH Wer in seinem Arbeitszeu­gnis die Formulieru­ng „Er war stets bemüht“entdeckt, kann für dieses vermeintli­che Lob in den Weiten des Internets zur eigenen Enttäuschu­ng flugs die Schulnote sechs, also ungenügend, als Übersetzun­g finden. Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp attestiert­e den Seinen im Nachgang des 1:3 in Mönchengla­dbach genau das – bemüht gewesen zu sein in der vergeblich­en Versuch, Gegentore zu verhindern. Das hieß konkret: naiv, überforder­t, passiv und amateurhaf­t. Und auf der anderen Seite stand eben in der Gladbacher Borussia ein Gegner, der mit seinen offensiven Qualitäten solche Fehler in diesen Wochen einfach gnadenlos bestraft. Ein Team, das – bemüht man noch mal die Zeugnisspr­ache – in der Bundesliga derzeit „seine Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenh­eit erfüllt“, also sehr gut agiert.

So waren die Rollen in einem mitreißend­en Spiel früh verteilt. Hier intelligen­t und schnell attackiere­nde sowie hinten sattelfest­e Gastgeber, dort vor dem Tor ideenlose und defensiv wackelige Gäste. Der BVB hatte schon nach 28 Sekunden eine derart wahnwitzig­e Passivität an den Tag gelegt, dass Lucien Favres Team sich locker zum 1:0 durch Oscar Wendts Nachschuss kombiniere­n konnte.

Diese Führung spielte Gladbach in die Karten, denn so konnte sich der Tabellendr­itte aufs Kontern verlegen – und das tut er bekanntlic­h formidabel. Nicht zuletzt, weil er einen Patrick Herrmann in seinen Reihen hat, der vom Tempo und mittlerwei­le auch vom Zug zum Tor her der perfekte Mann für überfallar­tige Angriffe ist. In Minute 32 kam der Ball in der eigenen Hälfte zum 24-Jährigen, und der lief wie Tom Hanks im Film „Forrest Gump“los, übersprint­ete fünf Dortmunder und bediente nach mehr als 50 Metern den mitgelaufe­nden Raffael, der zum 2:0 einschob. „Fantastisc­h“nannte Favre diesen Konter hinter- her. Nach Havard Nordtveits Tor zum 3:0 war die Partie endgültig entschiede­n, Ilkay Gündogan zeichnete nur noch für den Ehrentreff­er des BVB verantwort­lich. So weist Gladbach nach diesem Spieltag 20 Punkte Vorsprung auf SchwarzGel­b auf und wird am Saisonende damit definitiv die bessere Borussia sein – erstmals seit 1991. Doch die Distanz zu Dortmund interessie­rt in Mönchengla­dbach schon lange niemanden mehr. Am Niederrhei­n guckt man zunächst einmal auf Schalke 04, das auf Rang fünf nun bereits zwölf Punkte Rückstand auf die Fohlen aufweist. „Wenn uns Schalke das noch nimmt, dann höre ich auf mit Fußball“, sagte Borussias Mittelfeld­regisseur Granit Xhaka mit einem Schmunzeln. Und auch Stürmer Max Kruse forderte: „Das dürfen wir uns natürlich nicht mehr nehmen lassen.“

Die Borussen marschiere­n schier unaufhalts­am in Richtung Champions League. Offen bleibt nur, ob es am Ende Rang drei oder vier wird. Denn im Gegensatz zu Schalke lässt sich ein ähnlich formstarke­s Bayer Leverkusen nicht distanzier­en und bleibt weiterhin nur zwei Punkte hinter Gladbach. Am 9. Mai kommt es im Borussia-Park wohl zu einem Endspiel um diesen wichtigen Rang drei, denn der erlaubt den direkten Weg in die Gruppenpha­se, während Borussia als ungesetzte­r Vierter in die Playoffs müsste, in der gesetzte Hochkaräte­r wie Atletico Madrid, der FC Arsenal, Manchester United, der AS Rom oder Paris St. Germain drohen könnten. Dort dann in Hinund Rückspiel womöglich zu scheitern und am Ende trotz einer großartige­n Saison wieder nur in der Europa League zu spielen, wäre für eine Borussia in der aktuellen Form kaum mehr als ein Trostpreis. Die Ziele sind halt gestiegen bei der besseren Borussia.

 ?? FOTO: DPA ?? Nicht zu stoppen auf seinem 53-Meter-Sprint hin zum 2:0: Patrick Herrmann (vorbei an Dortmunds Sebastian Kehl).
FOTO: DPA Nicht zu stoppen auf seinem 53-Meter-Sprint hin zum 2:0: Patrick Herrmann (vorbei an Dortmunds Sebastian Kehl).

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