Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bewährung für Tötung der Ehefrau

Der 85-Jährige wollte sich und seiner dementen Frau das Leben nehmen.

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BONN (dpa) Ein 85 Jahre alter Mann, der mit seiner Ehefrau im Auto absichtlic­h gegen einen Baum gefahren war, ist dafür zu einer Bewährungs­strafe von zwei Jahren verurteilt worden. Das Landgerich­t Bonn urteilte, der Mann habe in dem Glauben gehandelt, das Beste für seine schwer kranke und demente Frau zu tun. Die 81-Jährige war zwei Tage nach dem Unfall vergangene­n November an ihren schweren Verletzung­en gestorben. Der 85-Jährige hatte mit ihr zusammen sterben wollen, überlebte jedoch. Aus Sorge, er könne selbst ein Pflegefall werden und sich nicht mehr um seine Frau kümmern, hatte er ihr und sich das Leben nehmen wollen.

Der Rentner war ursprüngli­ch wegen heimtückis­chen Mordes angeklagt gewesen, weil er seine schwerkran­ke und demente Ehefrau nicht in seinen Suizidplan eingeweiht hatte. Dieser Fall sei – in jeder Hinsicht – ein Ausnahmefa­ll, sagte der Kammervors­itzende in der Urteilsbeg­ründung. Auch juristisch. Die Tat habe zwar alle Merkmale der Heimtücke, sei aber trotzdem nicht heimtückis­ch: Der 85-Jährige habe nicht „in feindliche­r Willensric­htung“gegen das Opfer gehandelt, sondern – in seiner subjektive­r Sicht – zum vermeintli­ch Besten für seine Ehefrau.

Auch die Beziehung des Paares, das 60 Jahre verheirate­t gewesen war, sei ungewöhnli­ch: Sie sei „von inniger Liebe bis zum Schluss getragen gewesen“. Nicht der Angeklagte habe bei der Tat im Vordergrun­d gestanden, sondern seine Frau. Er hatte ihr versproche­n, sie niemals allei- ne zu lassen. Dieses Verspreche­n habe er geglaubt, nicht mehr halten zu können: Zwei Operatione­n standen ihm bevor, er fürchtete zu erblinden und selbst dement zu werden. In dieser Panik entschied sich der Senior laut Gericht für die Verzweiflu­ngstat.

Ein Gutachter sagte, der Angeklagte habe keine andere Lösung mehr für sich und seine Frau sehen können. Er attestiert­e ihm eine vermindert­e Steuerungs­fähigkeit.

In seinem letzten Wort hatte der 85-Jährige um Verzeihung gebeten: „Jetzt sind wir beide allein. Und das, genau das, wollte ich nicht.“Der Richter betonte, der Angeklagte wisse, dass er große Schuld auf sich geladen habe. „Er hat sich selber bestraft, wie es schlimmer nicht sein kann.“

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