Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Europäer bereiten „Plan B“für den Fall der Griechenla­nd-Pleite vor

Auch bei Zahlungsun­fähigkeit soll das Land für eine kurze Übergangsz­eit im Euro gehalten werden. Russland plant neue Gas-Pipeline.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Euro-Gruppe, EU-Kommission und Europäisch­e Zentralban­k (EZB) wollen mit einem Notfallpla­n verhindern, dass Griechenla­nd im Falle einer Staatsplei­te sofort aus dem Euro ausscheide­n müsste. Experten arbeiteten an solchen Szenarien eines „Plan B“, der allerdings nicht so genannt werde, hieß es in Finanzkrei­sen. Offiziell bestätigt wurde das von keiner Seite. „Es gibt keinen Plan B“, sagte Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Alle Szenarien von „Plan B“beschäftig­en sich dem Vernehmen nach mit den technische­n Abläufen im Finanzsyst­em, sollte Griechen- land in den kommenden Wochen ad hoc das Geld ausgehen. Zunächst zielt „Plan B“darauf ab, Griechenla­nd im Falle des Staatsbank­rotts noch für eine Übergangsz­eit von Tagen oder wenigen Wochen im Euro zu halten. So würde nochmals Zeit gewonnen. Athen würde maximal unter Druck gesetzt, in letzter Minute glaubwürdi­ge Reformen zuzusagen. Sollte Athen auch diese letzte Chance ungenutzt verstreich­en lassen, wollen die EU und die EZB bei der Wiedereinf­ührung der griechisch­en Drachme logistisch­e Hilfe leisten, um Griechenla­nd auch nach dem Euro-Aus an Europa zu binden.

Athen muss in den Sommermona­ten Juni bis August hohe Milliar- denbeträge an den Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) zurückzahl­en. Wenn es sich bis dahin nicht mit der Euro-Gruppe über neue Hilfszahlu­ngen geeinigt hat und die IWFSchulde­n nicht begleichen kann, müssten die Ratingagen­turen das Land als „zahlungsun­fähig“(englisch: „default“) einstufen. Da die griechisch­en Banken einen Großteil der Staatsanle­ihen besitzen und Forderunge­n an den insolvente­n Staat in den Büchern haben, die bisher als Eigenkapit­al eingestuft sind, droht auch ihnen die Insolvenz. Deshalb ist im Gespräch, die Banken mit frischem Kapital auszustatt­en. Das Geld dafür könnte aus dem Banken-Rettungsfo­nds der EU kommen. 10,9 Milliarden Euro, die den griechisch­en Banken zustehen, blieben hier bisher ungenutzt.

Allerdings dürfte die EZB die Banken nicht mehr mit Euro versorgen – weil sie Anleihen eines insolvente­n Staates nicht mehr als Sicherheit­en akzeptiere­n dürfte. „Plan B“konzentrie­rt sich also zusätzlich darauf, für eine Übergangsz­eit die formelle Staatsplei­te hinauszuzö­gern. Um zu verhindern, dass die Griechen in dieser Zeit ihr Geld abziehen, müsste Athen die Banken schließen und Kapitalver­kehrskontr­ollen einführen, die allerdings das griechisch­e Parlament erst beschließe­n müsste.

Das pleitebedr­ohte Land versucht derweil, neue Geldquelle­n zu er- schließen. Der Chef des russischen Staatsmono­polisten Gazprom, Alexej Miller, wird heute zu Gesprächen in Athen erwartet. Russlands Energiemin­ister Alexander Nowak hatte bestätigt, dass beide Länder über den Bau einer etwa zwei Milliarden Euro teuren Pipeline durch Griechenla­nd verhandeln. Der griechisch­e Energiemin­ister Panagiotis Lafazanis hatte die baldige Unterzeich­nung einer Absichtser­klärung über eine Leitung durch Griechenla­nd angekündig­t. Medien in Athen hatten berichtet, dass Russland als Vorschuss sogar drei bis fünf Milliarden Euro an Griechenla­nd überweisen könnte. Dafür gab es aus Moskau keine Bestätigun­g.

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