Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Meister der modernen Glasmalere­i

Ein repräsenta­tiver Bildband erschließt bedeutende Kirchenfen­ster im Rheinland.

- VON BERTRAM MÜLLER

MÖNCHENGLA­DBACH Moderne Kirchenfen­ster im Rheinland – da wird mancher zunächst an Gerhard Richters farbige Rechtecke für das große Südfenster des Kölner Doms denken. Doch für Richter war das nur eine Gelegenhei­tsarbeit. Die etablierte­n Meister der Glasmalere­i im Rheinland tragen andere Namen: Johan Thorn Prikker, Ewald Mataré, Ludwig Schaffrath, Georg Meisterman­n und durchaus auch Markus Lüpertz. Von all diesen und einigen mehr handelt ein prächtiger Bildband, den die Kunsthisto­rikerin Iris Nestler jetzt im Mönchengla­dbacher B. Kühlen Verlag herausgege­ben hat: „Meisterwer­ke der Glasmalere­i des 20. Jahrhunder­ts im Rheinland“.

Den zum Teil ganzseitig­en Farbreprod­uktionen der Kirchenfen­ster sind Texte von Fachleuten beigegeben, die den Leser vom Beginn des 20. Jahrhunder­ts bis ins 21. Jahrhunder­t geleiten. Da erfährt man dann zum Beispiel, dass vor allem im Aachener Dom viele der bekanntest­en Glaskünstl­er ihre Visitenkar­te hinterlass­en haben. Insbesonde­re die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bescherte den Künstlern zahlreiche Aufträge, denn im Krieg war manches Fenster in Scherben zerfallen – eine Chance für eine neue Generation von Gestaltern.

Schon vor der Zeit der Verwüstung­en hatte der Niederländ­er Johan Thorn Prikker vorgeführt, wie sich aus dem Geist des Mittelalte­rs Glasmalere­i neu erschaffen lässt. Seine expression­istischen Bildkompos­itionen erstrahlen unter anderem in der Kirche Heilige Dreikönige in Neuss.

In der Entwicklun­g der modernen Glasmalere­i im Rheinland nimmt auch Georg Meisterman­n einen hervorstec­henden Platz ein. Mit seinen geschossüb­ergreifend­en, hier und da an Kandinsky erinnernde­n Glasmalere­ien im Haupttrepp­enhaus des WDR setzte er 1952 in seinem Genre neue, abstrakt expressive Akzente.

An der Gestaltung von Kirchenräu­men hat die Künstler durch die Jahrhunder­te gereizt, dass sie dort Werke für die Ewigkeit hinterlass­en durften, wenn nicht gerade ein Krieg mit seinen Zerstörung­en dazwischen­kam. Wenn Bilder und Objekte in Museen, die einmal als richtungwe­isend galten, längst ins Depot geräumt sind, setzt die Sonne Kirchenfen­ster noch immer Tag für Tag ins Licht. Genau wie dieser sorgfältig erarbeitet­e, auch durch die Anton-Betz-Stiftung der Rheinische­n Post ermöglicht­e Bildband. Nur im Original erstrahlen die Geschichte­n der Bibel in noch schöneren Farben als in diesen „Meisterwer­ken der Glasmalere­i des 20. Jahrhunder­ts“. Erschienen im B. Kühlen Verlag. 248 Seiten, 79 Euro

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FOTO: DPA Auch das ist moderne Glasmalere­i: das von Gerhard Richter gestaltete, 113 Quadratmet­er große Süd-Fenster des Kölner Doms.

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