Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Und täglich grüßt der Brückensta­u

Die Sperrung der A 40-Rheinbrück­e bei Duisburg für Lkw kostet die Fahrer nicht nur Nerven. Sie müssen Umwege in Kauf nehmen, die zwar nicht viele Kilometer kosten, aber Zeit – und damit Geld. Unterwegs mit einem Fahrer.

- VON JESSICA KUSCHNIK

DUISBURG Es ist 15.18 Uhr, der Nachmittag ist sonnig, das Thermomete­r zeigt 20 Grad an. An so einem Tag könnte man sich im Biergarten aufhalten oder in der Eisdiele. Nicht Andreas Hilgers. Der 30-Jährige ist seit Stunden unterwegs und wird die nächsten im Stau verbringen. Das weiß er, als er hinters Steuer seines Lkw steigt. Denn seine Route mit dem voll beladenen 40-Tonner führt ihn über die A 40-Rheinbrück­e Neuenkamp und zurück durch die Stadt. Noch zwei Wochen ist die Brücke bei Duisburg in Richtung Essen für Lkw mit einem Gewicht von über 3,5 Tonnen gesperrt. Ein Kraftakt für Berufsfahr­er wie Hilgers, denen Termindruc­k und Zusatzkost­en im Nacken sitzen.

„Man munkelt, dass sie die A 40-Rheinbrü

cke bald komplett dichtmache­n werden“

Andreas Hilgers

Lkw-Fahrer

Sein Weg führt Hilgers, Mitgesells­chafter der BlueStar Cargo GmbH, gestern von einem Autohof in Duisburg-Kaßlerfeld auf die A 40 in Richtung Venlo. Kurz darauf fährt er über die Brücke, begutachte­t skeptisch die Gegenfahrr­ichtung. Auf der anderen Seite bildet sich schon ein Stau. „Hoffentlic­h bekommen wir das nicht zu spüren.“Er will zeigen, wie sich der Umweg aufgrund der Sperrung der Brücke für Lkw auf seine Arbeit auswirkt, und nimmt die Ausfahrt Rheinhause­n. So weit, so gut. Etwa zehn Minuten hat es bis hierhin gedauert. Der Rückweg jedoch wird den 30-Jährigen eine Stunde kosten. Der Lastwagen schleppt sich im Schritttem­po durch Rheinhause­n. Stop-and-go. Hilgers ist seit 5 Uhr unterwegs. Wann er Feierabend machen kann, hängt davon ab, wie gut er vorankommt. Am Vortag dauerte seine Schicht bis 19.50 Uhr. „Könnten wir über die Brücke fahren, wären wir längst zurück. Aber so dauert es.“

Seit die Schweißarb­eiten an der A 40-Brücke begonnen haben, ist die Route für die Spediteure ein ro- tes Tuch. „Wir versuchen, die Route nach Möglichkei­t abzulehnen, aber das klappt nicht immer“, sagt Udo Stern, Geschäftsf­ührer der BlueStar Cargo GmbH. „Bekommt man sie von den Containert­erminals zugeteilt, wird der Tag länger, die Kosten steigen, man bekommt weniger Container gefahren.“Allein der Spritverbr­auch geht ins Portemonna­ie – der Lkw frisst 30 Liter. Rund acht Kilometer Umweg im Stau machen sich da schnell bemerkbar. Drei Container könnte jeder Fahrer fahren. Führt die Route vorbei an gesperrten Brücken wie in Duisburg oder Leverkusen, ist mehr als ein Container am Tag nicht machbar. Und ein Ende der Zeit der maroden Brücken ist nicht absehbar. Sobald die Fahrtricht­ung Essen frei ist, wird sie in Richtung Venlo gesperrt. „In NRW gibt es so viele Brücken, viele stammen aus den 70er Jahren. Auch an denen werden sicher Schäden festgestel­lt, sobald sie kontrollie­rt werden“, sagt Stern. „Davon werden wir noch lange etwas haben.“

Täglich bis zu 500 Kilometer fährt Hilgers fünfmal die Woche, seit neun Jahren. Den Job liebt er noch immer. Aber der war mal einfacher. „Unter den Fahrern munkelt man, dass sie die Rheinbrück­e für uns bald komplett dichtmache­n werden wie die A 1-Brücke in Leverkusen“, sagt er. NRW-Verkehrsmi­nister Michael Groschek vertrauen sie nicht mehr. Etwa beim Neubau der A 40Brücke. Die soll bis 2026 fertig sein. „Groschek haut bei jeder Konferenz ein Jahr hinten ran“, sagt Stern. „Wir werden an der Nase herumgefüh­rt.“

Stern, der unkonventi­onelle Lösungen mag – kürzlich schickte er einen Lkw per Fähre über den Rhein –, fordert drastisch verkürzte Planfestst­ellungs- und Genehmigun­gsverfahre­n, damit marode Brücken nicht langfristi­g den Verkehr ausbremsen. „Die neue Brückengen­eration muss für Gigaliner ausgelegt sein. Wir brauchen eine Bautechnik in Modulbauwe­ise, damit nicht jede Brücke aufwendig individuel­l geplant und gebaut wird.“

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FOTOS: CHRISTOPH REICHWEIN Andreas Hilgers fährt mit seinem 40-Tonner von Duisburg über die A 40 in Richtung Venlo. Er begutachte­t skeptisch den Stau auf der Gegenfahrb­ahn. Lkw über 3,5 Tonnen müssen an der Ausfahrt Rheinhause­n die Autobahn verlassen, weil die Brücke für sie in...
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Wegen der Staus verlängert sich der Arbeitstag von Hilgers deutlich.

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