Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Algorithmu­s für den Verbrauche­r

Die Änderung der Google-Suche wird allerdings umgekehrt Firmen treffen, die ihre Internetse­iten nicht für Smartphone­s anpassen.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Es ist eine beliebte Scherzfrag­e unter Nerds: „Wo versteckt man im Internet am sichersten eine Leiche?“Antwort: Auf der zweiten Seite der Google-Suche. Denn oft endet die Suche damit, dass der erste, zweite oder dritte Link angeklickt wird – auf die zweite Seite stößt kaum ein Nutzer vor. Für Unternehme­n gilt daher: Wer nicht oben steht, verliert. Jeder Platz, den Firmen in den Suchergebn­issen abrutschen, kann sich auf die Umsätze auswirken. Entspreche­nd groß ist die Sorge, dass Google mit seiner aktuellen Änderung des Suchalgori­thmus, im Netz „Mobilegedd­on“getauft, ein digitales Massenster­ben auslöst.

Google will künftig Internetse­iten in seinen Suchergebn­issen bevorzugen, die für die Ansicht auf Smartphone­s optimiert sind. „Dieser Wechsel wird signifikan­te Auswirkung auf unsere Suchergebn­isse haben“, heißt es bei Google. Weil Google in Deutschlan­d bei den Suchmaschi­nen einen Marktantei­l von mehr als 90 Prozent hat, müssen sich praktisch alle Unternehme­n, die im Internet gefunden werden wollen, Gedanken machen. Betroffen sind etwa die Seite des Online-Lexikons Wikipedia und viele Online-Shops. Laut einer Umfrage des Kölner Handelsfor­schungsins­tituts ECC hat bislang nur etwas mehr als die Hälfte ihre Seite für die mobile Nutzung optimiert.

Google begründet den Schritt mit veränderte­n Konsumgewo­hnheiten: „Da immer mehr Menschen Mobilgerät­e für den Zugriff auf das Internet verwenden, müssen sich unsere Algorithme­n den Nutzungs- gewohnheit­en anpassen.“Experten schätzen, dass die Änderung noch gravierend­ere Auswirkung­en hat als das Projekt Panda, die bislang letzte große Algorithmu­s-Änderung. Damals waren angeblich elf Prozent der täglich rund 3,5 Milliarden Suchanfrag­en betroffen.

Schon bald werden die nicht-optimierte­n Webseiten in den Suchergebn­issen auf mobilen Geräten wei- ter hinten auftauchen. Dadurch wird sich ändern, wo Kunden online einkaufen, welche Restaurant­s ihnen empfohlen werden und wie sie ihren Urlaub buchen. Egal, wie das Verfahren der EU-Kommission gegen Google wegen dessen vermeintli­chen Missbrauch­s seiner monopolähn­lichen Stellung ausgeht – dieser Vorgang allein zeigt, wie mächtig das Unternehme­n ist.

Verbrauche­r dürften sich darüber jedoch auch freuen – viele Seiten werden künftig durch Googles „sanften Druck“deutlich komfortabl­er auf mobilen Geräten zu bedienen sein. Unternehme­n werden sich den veränderte­n Suchbeding­ungen anpassen und ihre Websites optimieren. Dazu muss sich diese automatisc­h der Bildschirm­größe anpassen, Texte sollten ohne Zoo- men lesbar und Navigation­selemente leicht per Finger auf einem Touch-Display zu bedienen sein.

Ändern Firmen ihre Webseiten nicht, werden sie zwangsläuf­ig in den Suchergebn­issen abrutschen – und gefährden damit ihr eigenes Geschäftsm­odell. Spätestens dann wird ihnen beim Witz über die zweite Google-Seite das Lachen im Halse stecken bleiben.

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