Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
AfD blockiert sich selbst und beginnt mit Spaltung
Euroskeptiker gegen Rechtspopulisten – für den Parteitag sammeln beide Seiten Mitstreiter.
BERLIN Die AfD steuert auf ein finales Duell zwischen den wirtschaftsliberalen Kräften um Parteigründer Bernd Lucke und rechtsnationalen Kreisen um die Co-Vorsitzenden Frauke Petry und Konrad Adam zu. Die faktische Spaltung der Partei führte bereits zur organisatorischen Lähmung: Die Parteichefs ließen sich gegenseitig den Zugriff auf die Mitglieder-Datenbank sperren. Lucke macht nun mit einer eigenen Homepage und einem „Weckruf 2015“seine Anhänger mobil.
Die Spaltung zieht sich quer durch die Landesverbände. Petry, die auch Landeschefin der AfD in Sachsen ist, wird von Brandenburg (Alexander Gauland) und NRW (Marcus Pretzell) unterstützt. Zu Luckes „Weckruf“-Unterzeichnern gehören die Chefs von Hamburg (Jörn Kruse), Rheinland-Pfalz (Uwe Zimmermann), Schleswig-Holstein (Bernd Kölmel) sowie viele ehemalige Vorstandsmitglieder, die gemeinsam gegen den innerparteilichen Rechtsdrall protestieren.
Die Vorsitzenden machten gestern in getrennten Pressekonferen- zen in Straßburg (Lucke) und Dresden (Petry) weiter öffentlich gegeneinander Front. Lucke rief seine KoVorsitzende auf, sich seinem „Weckruf“anzuschließen und der Gefahr zu begegnen, durch einen falschen Zungenschlag viele Mitglieder zu verlieren. Lucke will eine Partei ohne „Karrieristen, Intriganten und Vertreter der Neuen Rechten“. Petry dagegen warf Lucke Verunsicherung der Mitglieder vor. Beide wollen nun die Entscheidung beim Bundesparteitag Mitte Juni. Petry schloss nicht aus, gegen Lucke zu kandidieren.
SPD-Vize Ralf Stegner liest nicht erst aus der Entwicklung in den letzten Tagen heraus, dass die AfD „ein Sammelsurium von Nationalisten, antieuropäischen, rechtspopulistischen und reaktionären Wirrköpfen ist und bleibt“. Damit könne es für eine demokratische Partei niemals eine Zusammenarbeit, sondern nur entschiedene Ablehnung geben. „Wer dabei die Führungsfiguren der AfD sind, spielt in diesem Zusammenhang keine wesentliche Rolle mehr“, sagte Stegner unserer Zeitung. Für CDU-Vorstandsmitglied Herbert Reul zeigen die „chaoti- schen Zustände in der AfD“, dass Parteiarbeit nicht nur aus populistischen Parolen bestehen könne. Immer gehe es auch darum, Kompromisse zu machen. „Die AfD scheitert schon daran“, meinte der Europapolitiker. Auch aus seiner Sicht sei es „egal“, wer sich in dem Machtkampf durchsetze: „Betonköpfe auf der einen Seite, Betonköpfe auf der anderen Seite.“Und zum Anspruch der AfD, eine Alternative für das bürgerliche Publikum zu sein, bemerkte Reul, dass er schon die Umgangsformen in dieser Partei „nicht als bürgerlich bezeichnen“könne.