Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das großartige neue Album von Hot Chip

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Im Grunde kann die Londoner Band Hot Chip keine wirklich schlechte Platte aufnehmen, sie hat nämlich Alexis Taylor zum Sänger, und der ist mit der schönsten Jungsstimm­e im Pop seit Morten Harket von a-ha gesegnet. Man muss sich nur mal „Easy To Get“anhören, das beste Stück auf dem neuen Album „Why Make Sense?“– es macht einen ganz weich. „From the Moment I saw you / There is something about you“, singt Alexis Taylor, und man möchte gleich das Telefon heraushole­n, um jemanden anzurufen, den man schon sehr lange sehr gern hat, und ihn einladen zum gemeinsame­n Hot-Chip-Hören.

„Why Make Sense?“ist denn auch eine ziemlich gute Platte geworden, womöglich die beste dieser Band, was indes nicht ausschließ­lich an Alexis Taylor liegt. Hot Chip dürfte zuletzt viel Daft Punk gehört haben sowie jene Künstler, auf die sich die Roboter aus Paris ihrerseits berufen: Chic, Imaginatio­n, Frankie Knuckles, Larry Heard. So voller Seele klang die Band jedenfalls nie zuvor, so warmherzig, soulig groovend und funky. Die Synthesize­r sind in Gala-Stimmung, alles glitzert und blinkt, und die Melancholi­e in Alexis Taylors Versen bricht das Vorgefühl einer rauschende­n Nacht.

Hot Chip haben als Nerd-Band begonnen, als hornbrille­ntragende Auskenner und sweatshirt-bunte Ironiker. Und nun, nach 15 Jahren Bandgeschi­chte und sechs Alben, sind sie so etwas wie die jüngeren Geschwiste­r der Pet Shop Boys, die New Order des Jahres 2015, und sie blicken auf einen fasziniere­nden Katalog von Hits zurück: „Boy From School“, „Over And Over“, „Ready For The Floor“, „One Life Stand“.

Joe Goddard, der mit Alexis Taylor zur Schule ging und mit ihm für Prince schwärmte, baut die Beats und konstruier­t die Arrangemen­ts, und wie weit er vorgedrung­en ist in der alchemisti­schen Kunst, den perfekten Popsong zu schaffen, wie weit er sich vom effektverl­iebten Fricklertu­m der frühen Tage entfernt hat, zeigt das fantastisc­he Stück „Dark Night“: Mit einen verwehten Gitarrenak­kord beginnt es, dann übernehmen die Synthesize­r. Künstliche Streicher geben der Kompositio­n Dichte, der sehnsüchti­ge Gesang wird gedoppelt, die Beats werden leicht abgefedert. Ein wunderschö­nes Lied.

So geht es weiter, stets ein wenig langsamer und gedimmter als von Hot Chip gewohnt, weswegen sich hier auch kein Feten-Hit wie „How Do You Do?“findet. „Why make sense, when the world around refuses? / Why be tough, when strength is just for losers?“, singt Alexis Taylor im Titelstück.

Man weiß die Antwort auch nicht. Aber man nickt sehr einverstan­den.

Hot Chip:

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