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Al Capones Villa lockt nach Miami

Als der berüchtigt­e Gangster nach Miami Beach kam, hagelte es Proteste. Inzwischen will die Stadt ihn in ihrer Geschichte nicht missen.

- VON DANIEL GARCÍA MARCO

MIAMI (dpa) Einst wollte Miami Beach ihn loswerden, nun brüstet sich die Stadt mit ihrem berühmt-berüchtigt­en Ex-Wahlbürger Al Capone. Angezogen vom ewigen Sommer, ließ sich der Mafioso 1928 unter Protesten von Anwohnern und Politikern auf der künstliche­n Palm Island in Florida nieder. Knapp 90 Jahre später will sich der Ort die fasziniere­nde Geschichte des 1947 verstorben­en Gangsterbo­sses zunutze machen. Gerade wurde die ehemalige Villa des legendären Verbrecher­s wiederherg­erichtet. Das Luxusanwes­en in der Bucht lockt Touristen an.

Für 40 000 US-Dollar kaufte Capone 1928 die weiße Kolonialst­ilVilla. Zuvor hatte der italienisc­hstämmige Mafioso, der das organisier­te Verbrechen in Chicago kontrollie­rte, schon einige Male in Flo-

„Al Capone kam vor allem wegen des guten Wetters nach Miami Beach“

Historiker

Paul George rida überwinter­t. „Er kam vor allem wegen des guten Wetters“, sagt der Historiker Paul George.

Anwohner hätten gefürchtet, der „größte Schurke der Vereinigte­n Staaten“könne dem Ansehen der Stadt schaden, sagt er. Doch Capone ließ sich nicht abhalten. Der damalige Bürgermeis­ter von Miami Beach, John Newton Lummus, der auch Bauträger war, verkaufte dem Kriminelle­n das 2800 Quadratmet­er große Anwesen. „Capone ist nicht schlimmer als viele andere hier“, sagte Lummus damals. Mit einem Zugang zur Bucht und dem nahe gelegenen Flughafen bot die Villa Capone gute Fluchtmögl­ichkeiten.

Doch schon 1931 musste er den Komfort des Hauses gegen eine karge Gefängnisz­elle tauschen. Wegen Steuerverg­ehen wurde Capone zu elf Jahren Haft verurteilt, die er unter anderem auf der berüchtigt­en Gefängnisi­nsel Alcatraz in der Bucht von San Francisco absaß. Ärzte stellten bei ihm damals eine weit fortgeschr­ittene Syphilis fest. Zu- dem setzten Capone die Haftbeding­ungen zu. 1939 wurde er vorzeitig entlassen und kehrte als Pflegefall in seine Villa zurück, in der er 1947, wenige Tage nach seinem 48. Geburtstag, starb.

Mit der Rekonstruk­tion des Anwesens habe man einen Teil der Ge- schichte Miamis gerettet, sagt Marco Bruzzi, Geschäftsf­ührer von MB America. Für acht Millionen USDollar kaufte das Immobilien­unternehme­n im Auftrag eines Privatinve­stors die Capone-Villa. Es soll als Kulisse für Video- und Filmaufnah­men sowie Foto-Shootings dienen.

Das einzige instand gebliebene Zimmer ist ein auf Wunsch Capones in Schwarz und Gold gehaltenes Bad im Art-déco-Stil. Der Rest der Villa wurde im charakteri­stischen Look der 1920er- und 30er Jahre wiederherg­erichtet. Zum Anwesen gehört auch ein riesiger Pool, des- sen Becken mit dem Meer verbunden war. Als er noch in Benutzung war, schwammen darin Fische. Stundenlan­g habe Capone dort geangelt, erzählt Bruzzi.

Miami Beach – heute Teil der Metropolre­gion Miami – war der Rückzugsor­t des Bandenchef­s. „Hier war er viel ruhiger“, sagt der Historiker George. Außer dem ein oder anderen Casino oder Restaurant soll Capone in Miami keine Geschäfte betrieben haben. Auf der Insel verbrachte er Zeit mit der Familie.

„Wir aßen, sangen und kochten zusammen“, erinnert sich seine Großnichte Deirdre Marie Capone bei einem Rundgang mit Journalist­en durch die Villa. „Als Familie standen wir uns sehr nahe“, sagt sie. Im Pool der Villa habe sie schwimmen gelernt. Anders als einige ihrer Verwandten hat Deirdre Marie den Nachnamen des einst in den USA gefürchtet­sten Kriminelle­n nicht abgelegt.

Auch in Miami Beach hatte Capone Ärger mit der Polizei. Streiterei­en mit Nachbarn, Partys und Alkohol – im Gegensatz zur Gewalt in Chicago während der Prohibitio­n waren es für den Mafioso nur Kleinigkei­ten.

Als Capone 1939 aus der Haft nach Florida zurückkehr­te, zog er sich aus der Öffentlich­keit zurück. „Er war sehr krank“, sagt der Historiker George. Während seiner letzten Lebensjahr­e war die Villa der Hauptsitz Capones, um den es ruhig geworden war. Mit dem Wiederaufb­au des Anwesens soll seiner legendären Geschichte wieder etwas Leben eingehauch­t werden.

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FOTOS: MB/DPA Capone kaufte die Villa im Jahr 1928 für etwa 40 000 US-Dollar. Sie befindet sich auf Palm Island zwischen Downtown Miami und South Beach.
 ??  ?? Teile der Gartenanla­ge des 2800 Quadratmet­er großen Grundstück­s.
Teile der Gartenanla­ge des 2800 Quadratmet­er großen Grundstück­s.
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Die Villa wurde komplett im Look der 20er und 30er Jahre restaurier­t.

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