Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schmolz + Bickenbach wandert ab

Konzernsit­z nach Luzern verlagert. In Heerdt bleiben nur 300 Jobs erhalten.

- VON THOMAS REISENER

NORDSTADT Mit der Verlagerun­g sämtlicher Zentralfun­ktionen vom Stammsitz an der Ortsgrenze zu Neuss zum Sitz der Holding in der Schweiz hat Düsseldorf den Traditions­konzern Schmolz+Bickenbach (S+B) endgültig verloren. Eine Konzernspr­echerin bestätigte gestern einen entspreche­nden Bericht des Handelsbla­ttes: Die zentralen Steuerunge­n der Abteilunge­n Recht, Personal, Kommunikat­ion und Unternehme­nsentwickl­ung werden zur Konzernhol­ding nach Luzern umgesiedel­t, wo das Unternehme­n bereits ein neues Gebäude angemietet hat. Betroffen sind rund 60 Mitarbeite­r.

Es war ein Abschied auf Raten: Als der Traditions­konzern Schmolz+Bickenbach vor gut zehn Jahren die börsennoti­erte schweizeri­sche Swiss Steel übernahm, wanderte der Firmensitz wenig später von Düsseldorf in die Schweiz. Zunächst nur formal: Der Sitz der Vorstände blieb weiterhin Düsseldorf, und auch das operative Geschäft wurde weitgehend aus der Landeshaup­tstadt gesteuert. Deshalb galt das 1919 von Arthur Schmolz und Os- wald Bickenbach als Stahlhande­l gegründete Unternehme­n vielen noch immer als rheinische Firma – auch wenn die Fakten längst andere waren. Aber jetzt ist selbst für diese verklärte Sichtweise kein Raum mehr: In Heerdt bleiben nach Angaben der Sprecherin nur noch der Zentralein­kauf und das Blankstahl­Geschäft mit knapp 300 Mitarbeite­rn, in NRW immerhin noch die Deutschen Edelstahlw­erke, die in Witten, Krefeld, Siegen und Hagen 4000 Mitarbeite­r beschäftig­en.

Schmolz+Bickenbach war lange eine Perle des Mittelstan­des, bis der Konzern sich mit zu vielen Zukäufen übernahm. Unter der Leitung der Familie Storm wurden zahlreiche Werke unter anderem von ThyssenKru­pp übernommen. Mit der Übernahme von Swiss Steel gelang der Sprung an die Börse. Aber mit der Finanzkris­e 2008 ist S+B zum Sanierungs­fall. Der russische Oligarch Viktor Veckselber­g schoss Millionen zu und ist inzwischen größter Aktionär. Seither fällt der Konzern vor allem mit schlechten Zahlen und häufigen Wechseln im Management auf. Gestern veröffentl­ichte S+B die Zahlen für das erste Quartal 2015 – und auch die sind eher enttäusche­nd: Unter dem Strich stand ein Minus von 122,4 Millionen Euro

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ARCHIV: PAUL ESSER Der Stahlhändl­er Schmolz + Bickenbach bleibt mit dem Blankstahl­geschäft weiter präsent.

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