Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Meter: Noch immer das Maß aller Dinge

Heute vor 140 Jahren wurde die Meterkonve­ntion eingeführt. In der Stadt ist das Maß nicht wegzudenke­n: bei Handel, Sport, SVGD.

- VON STEFAN SCHNEIDER

DORMAGEN Kicker kennen den Trick mit der Freistoßma­uer. Kaum hatte ihnen der Schiedsric­hter für eine Sekunde den Rücken gekehrt, machten die Spieler fix einen Schritt nach vorn. So ließ sich locker ein Meter schinden, und der Freistoßsc­hütze hatte es eine Ecke schwerer. Solche Mätzchen gehören weitgehend der Vergangenh­eit an, erzählt Schiedsric­hter-Obmann Dirk Gärtner aus Dormagen: „Da macht sich die Einführung des Freistoß-Sprays bemerkbar, mit dem die Referees genau nachvollzi­ehen können, ob sich die Mauer bewegt hat.“Kurios: In den unteren Klassen wird das Spray gar nicht verwendet. „Aber es funktionie­rt auch ohne“, sagt Gärtner. Denn erfahrungs­gemäß werde vieles aus den Profiligen in den Amateurkla­ssen übernommen. Das gelte laut Gärtner sowohl für Wohlverhal­ten, als auch für Unsitten.

Nicht nur im Fußball spielt die Einheit Meter, die exakt heute vor 140 Jahren mit der Unterzeich­nung der Internatio­nalen Meterkonve­ntion von zunächst 17 Staaten gefestigt wurde, eine große Rolle. Im Dormagener Alltag ist die Maßeinheit in vielen Bereichen unverzicht­bar. Zum Beispiel in Ariane Pionteks Stoff-Boutique „Fadenlauf“an der Kölner Straße. Fachkraft Maren Korth hat auf dem Verkaufstr­esen stets in Reichweite einen langen Holzstab liegen – eines ihrer wichtigste­n Arbeitsmit­tel. „Eine MeterElle“, erklärt sie. Mit dem geeichten Maß-Stab misst sie Stoffe für die Kunden ab. „Nähen liegt voll im Trend“, weiß Korth. Derzeit werden bei „Fadenlauf“dazu wöchentlic­h acht Kurse angeboten. Individuel­le Kleidungss­tücke seien ebenso gefragt wie einzigarti­ge Accessoire­s aus eigener Herstellun­g. Die Einheit „Meter“ist auch in einem Regal gleich rechts vom Eingang stark vertreten. „Neben Bändern gibt es zum Beispiel sogar Reißversch­lüsse als Meterware.“

In Kneipen gilt das – zunehmend seltener – mitunter für Gerstensaf­t, der in Bier-Metern mit zehn Gläsern oder Flaschen unters durstige Volk gebracht wird. Und bei Stadtfeste­n manchmal für Würstchen, die als Kette von einem Meter Länge ver- kauft werden. Doch das ist mehr ein Gag. Warum, erläutert Ralf Werres von der Fleischwar­en-Firma Struzina-Rauschen mit Sitz auch an der Kruppstraß­e in Hackenbroi­ch, die auf dem Dormagener Wochenmark­t „Oberschles­ische Spezialitä­ten“anbietet. „Würste sind in der Regel unterschie­dlich dick. Deshalb verkaufen wir nur nach Gewicht“, sagt Werres. Ginge es bei der Wurst nur nach Länge, würde wahrschein­lich eine Seite ein schlechtes Geschäft machen – der Händler oder der Kunde.

Bei der Stadtmarke­ting- und Verkehrsge­sellschaft Dormagen (SVGD) sieht das ganz anders aus. Zu deren Aufgaben gehört das Kassieren der Gebühren auf diversen Märkten. Und da geht es klar nach Länge, die berechnet wird. „Am Wochenmark­t kostet ein Standmeter inklusive Steuern zurzeit 3,50 Euro“, so Guido Schenk, Leiter Stadtmarke­ting. Marktmeist­er Werner Marks hat die Dimensione­n der alteingese­ssenen Stände im Kopf; kommen neue hinzu, rückt er mit Zollstock oder Maßband an. Er misst auch nach in Fällen nach, in denen ein Händler seinen Stand ausgeweite­t haben könnte. Der Standmeter ist in Dormagen von unterschie­dlichem Wert. Anders als bei Wochenmark­t ist er bei anderen Veranstalt­ungen teurer. Beim Stadtfest kostet der Standmeter laut Schenk 17 Euro. Bei City-Flohmärkte­n gibt es die „DreiMeter-Einheit“: Ein Stand in dieser Länge wird mit 25 Euro berechnet.

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NGZ-FOTO: LOTHAR BERNS Maren Korth benutzt zum Abmessen von Stoffen in der Dormagener Boutique „Fadenlauf“eine sogenannte Meter-Elle. Der Holzstab ist geeicht.
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ARCHIVFOTO: THISSEN/DPA Das Freistoßsp­ray verhindert Meterschin­den.
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ARCHIVFOTO: AB Selten geworden: der Bier-Meter für zehn Flaschen/Gläser.

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