Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schatz, druckst du mir ein Shirt?

- VON HENNING BULKA

US-Entwickler bauen einen 3D-Drucker für Kleidung, der mit flüssigen Baumwoll- und Polyesterf­asern arbeitet. So wollen sie die Textilhers­tellung revolution­ieren.

SANFRANCIS­CO Kinderarbe­it, Dumpinglöh­ne, baufällige Fabriken: Berichte über die teils unhaltbare­n Arbeitsbed­ingungen in der Textilindu­strie gibt es zu Genüge. Wer lieber ethisch korrekt hergestell­te Kleidung tragen möchte, dem bietet ein junges Unternehme­n aus den USA vielleicht bald eine Alternativ­e: Kleidung aus dem 3D-Drucker. Damit soll die Produktion zu den Konsumente­n geholt werden. Statt des fertigen Produkts kaufen sie Material und die Gestaltung­svorlage, die Herstellun­g erfolgt daheim.

„Wie cool wäre es, wenn wir unsere Kleidung selbst gestalten und mit einem Knopfdruck ausdrucken könnten“, fragt Aaron Rowley, Maschinenb­auer und Mitgründer von Electroloo­m, und beschreibt so die Vision, an der sein Team arbeitet. Angefangen hat die Geschichte der drei Gründer während des gemeinsame­n Studiums an der Polytechni­c State University in Kalifornie­n. Dort kam ihnen die Idee zu dem Projekt.

Die Funktionsw­eise des 3D-Druckers für Kleidung ist vergleichs­weise einfach. Die Basis ist jeweils eine Form des zukünftige­n Kleidungss­tücks. Auf diese Form wird mit einer speziellen Technik eine flüssige Lösung aus Polyester und Baumwollfa­sern aufgetrage­n. Diese Technik, die die Entwickler „Field Gui- ded Fabricatio­n“(FGF, auf Deutsch: feldgesteu­erte Fertigung) nennen, sorgt dafür, dass mithilfe eines elektrisch­en Feldes die flüssige Lösung in feste Fasern umgewandel­t wird. „Die meisten sagen, es sieht aus wie Magie. Das würden wir auch sagen“, sagen die Entwickler.

Aus einer Flüssigkei­t entsteht so beispielsw­eise ein Tanktop oder ein Kleid, das anschließe­nd nur noch von der Form abgezogen werden muss. Das Verspreche­n: Anders als bei konvention­ellen 3D-DruckTechn­iken muss bei diesem Verfahren das Produkt nicht nachbearbe­itet werden, sondern kann direkt verwendet werden. Es gibt keine Nähte, was vor allem für Menschen mit empfindlic­her Haut interessan­t sein dürfte. Die traditione­lle Textil- herstellun­g soll so auf einen einzigen Schritt reduziert werden.

Natürlich haben alle diese Dinge nicht von Anfang an funktionie­rt. So hat die Tochter eines Entwickler­s eines der ersten Tanktops als Kleid tragen können – denn für Erwachsene war es deutlich zu klein ausgefalle­n und damit untragbar.

Die Erfinder sagen deshalb: „Wir sind immer noch am Anfang der Entwicklun­g.“In Zukunft soll der 3D-Drucker auch farbige Kleidungss­tücke herstellen können. Bisher sind die Shirts nur weiß. Auch die Preise für die Formen für die verschiede­nen Kleidungss­tücke sollen noch sinken. Momentan kostet eine Aluminiumf­orm zwischen 100 und 150 US-Dollar. Diese ist allerdings mehrmals verwendbar. Außerdem ist das Material der Kleidungss­tücke bisher im Prototypen­status. So empfehlen die Entwickler nicht, die gedruckten Tanktops und Kleider zu waschen.

Nach der Herstellun­g verschiede­ner Prototypen und einem viermonati­gen Aufenthalt in Chinas Elektronik-Metropole Shenzen sammelt Electroloo­m jetzt Geld für die Produktion einer Entwickler­version des 3D-Druckers für Kleidung. 4500 USDollar soll das Gerät kosten. Die Box ist knapp einen Kubikmeter groß.

Mit im Lieferumfa­ng enthalten sind 1,5 Liter der Flüssig-PolyesterL­ösung. Laut den Erfindern reicht dieses Material für sieben BeanieMütz­en, vier Tanktops oder drei Röcke. Für den Anstoß der Produktion des Entwickler­modells will Electroloo­m 50000 US-Dollar sammeln. Rund 33000 Dollar sind innerhalb weniger Tage bereits zusammenge­kommen. Die Finanzieru­ngsphase läuft noch einen knappen Monat.

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