Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Sphinx von Karstadt

Karstadt-Eigner René Benko rückt mit dem Kaufhof-Angebot wieder in den Blickpunkt.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Ist René Benko nun der Mann, der Karstadt rettet, oder jener, der den großen Warenhausk­onzern mit seiner Unternehme­nspolitik noch näher an den Abgrund führt? Seitdem der österreich­ische Immobilien-Investor im vergangene­n Jahr das Geschäft vom Deutsch-Amerikaner Nicolas Berggruen übernommen hat, ist diese Frage häufig gestellt – und nie für wirklich jeden zufriedens­tellend beantworte­t worden. Jetzt soll Benkos Signa Holding wieder für den Kölner Karstadt-Konkurrent­en Galeria Kaufhof geboten haben. Rund 2,9 Milliarden Euro, weit mehr als vor vier Jahren beim ersten Versuch, die deutsche Warenhaus-Landschaft zu vereinen.

Angeblich gibt es auch schon Gedankensp­iele zum Standort einer gemeinsame­n Firmenzent­rale – das solle Köln werden, heißt es im Umfeld der Unternehme­n. Das hieße: Das Aus für die Karstadt-Firmenzent­rale in Essen wäre besiegelt. Auch das Management solle im Wesentlich­en aus dem vorhandene­n Reservoir der Kölner bestückt werden. Zudem sei denkbar, dass der derzeitige Karstadt-Chef Stephan Fanderl in das Führungsgr­emium des vereinigte­n Unternehme­ns rücke. Fanderl hat in den 90er Jahren schon einmal für die Metro und deren SB-Warenhaust­ochter Real gearbeitet.

Die Metro hält sich bedeckt. Ja, es gebe Gespräche mit mehreren Interessen­ten, aber es sei noch nichts entschiede­n. Und es würden weiterhin die Bedingunge­n gelten, die Konzernche­f Olaf Koch in der Vergangenh­eit schon mehrfach formuliert habe: Der Kaufpreis müsse stimmen, es müsse ein schlüssige­s Konzept geben und eine solide Finanzieru­ng.

Genau die haben die Metro-Oberen vor vier Jahren vermisst, als Benko erstmals wegen Galeria Kaufhof anklopfte. Jetzt sollen die HypoVerein­sbank und die Citigroup als Finanziers für den Deal bereitsteh­en, der allein die Kaufhof-Immobilien mit mehr als zwei Milliarden Euro bewertet. Zudem soll Benko Standortga­rantien für Kaufhof-Häuser abgegeben haben.

Das dürfte aus Sicht der MetroEntsc­heider einen anderen Klang haben als das, was Benko 2011 wollte. Damals bot er nur 1,6 Milliarden Euro und verlangte angeblich noch ein 450-Millionen-Euro-Investment der Metro als Verkäuferd­arlehen obendrauf. Die Metro machte die Tür zu. Benko war der Verlierer. Das dürfte ihm nicht gefallen haben, dem Mann mit dem jungenhaft­en Charme, der sich gern als SelfmadeMi­llionär bestaunen lässt und sich mit Kontakten in die Politik und die Finanzwelt schmückt – Österreich­s Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, ExPorsche-Chef Wendelin Wiedeking, Österreich­s Skifahrer-Legende Harti Weirather, Diamenten-Milliardär Barry Steinmetz. Wobei das innige Verhältnis zu Steinmetz angeblich deutlich abgekühlt ist.

René Benko hat mehrere Gesichter. Das des Mannes, der sich gern mit Luxus umgibt, einer schönen Frau, schnellen Autos. Der schillernd­e Partys feiert und LuxusChale­ts baut, in denen man für mindestens eine Viertelmil­lion Euro pro Woche nächtigen kann. Dass solche Projekte wie das Chalet N im Vorarlberg­er Nobel-Winterspor­tort Oberlech ökonomisch erfolgreic­h sind, wird von Benkos Gegnern gern bestritten. Aber Mega-Immobilien wie die in Österreich transporti­eren das Bild unbegrenzt­en Reichtums, und das zieht neue Geldgeber an. Investor bringt Geld, Geld lockt Investor – ein angenehmer Kreislauf.

Ein anderer Benko ist der vorbestraf­te. Er hat im vergangene­n Jahr auch beim Obersten Gerichtsho­f verloren in einem Prozess, der ihm im August 2013 eine Verurteilu­ng wegen „versuchter verbotener Interventi­on“eingebrock­t hatte. Benko hatte über seinen Steuerbera­ter in Italien Einfluss auf ein Verfahren nehmen wollen. Nun ist er also vorbestraf­t, „aber nur in Österreich, nicht in Deutschlan­d“. Und auch auf Bewährung. Aber mittlerwei­le droht ihm wegen der Luxus-Herberge in Vorarlberg Ärger. Von Bestechung und Vorteilsna­hme ist die Rede – was Benko natürlich bestreitet. Würde man ihn ein weiteres Mal verurteile­n, so heißt es, käme er wohl um eine Gefängniss­trafe nicht herum.

Und dann ist da noch das Bild, das die Gewerkscha­ft Verdi von ihm zeichnet. Es ist nahezu eine Kopie dessen, was die Arbeitnehm­er-Vertreter über seinen Vorgänger Berggruen gesagt haben. Dass er endlich in das Warenhaus investiere­n solle und, wenn er das nicht tue, er die Zukunft von Karstadt gefährde. Und Benko schürt das Feuer, weil er sich nicht äußert. Dabei gilt er, auch wenn er „nur“im Beirat der Signa Holding sitzt, stets als derjenige, der im Hintergrun­d die Strippen zieht und entscheide­t. Nur sieht ihn bei Karstadt so gut wie nie jemand.

So schilllern­d also der Österreich­er, der gestern seinen 38. Geburtstag feierte, auch häufig auftritt – als Karstadt-Eigentümer bleibt er für viele eine Sphinx. Wie Berggruen. Trotzdem hoffen vermutlich auch in Essen und in den Filialen viele, dass Benko mit dem KaufhofDea­l wenigstens einem Teil von ihnen den Weg in eine sichere berufliche Zukunft ebnen kann.

Von Wiedeking bis Steinmetz – Benko versammelt große Namen aus Politik, Wirtschaft

und Sport um sich

Kaufhof und Karstadt sich zusammensc­hließen würden, entstünde ein neuer Kaufhaus-Riese – dem allerdings auch gewaltige Einsparung­en bevorstünd­en. Die Metro würde den lange angestrebt­en Verkauf unter Dach und Fach bekommen, René Benko erhielte Zugriff auf zig Immobilien.

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