Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Lehrer auf dem segelnden Klassenzim­mer

Kai Regener wagte das Abenteuer und ging als Lehrer auf dem Dreimastto­ppsegelsch­oner „Thor Heyerdahl“mit 34 Schülern für ein halbes Jahr auf große Fahrt. Jetzt startet der Neusser wieder in den Schulallta­g.

- VON UTE BÖHM

NEUSS Für sechseinha­lb Monate tauschte der gebürtige Neusser Kai Regener seine Lehrerstel­le an einem Düsseldorf­er Gymnasium mit Unterricht auf einem 50 Meter langen Segelschif­f. Erst vor einigen Tagen lief das Schiff „Thor Heyerdahl“wieder in Kiel ein, und für Kai Regener steht die Eingewöhnu­ng in sein altes Leben auf dem Stundenpla­n.

„Vom Segeln hatte ich bis dahin keine Ahnung, aber meine Erfahrunge­n in der Jugendarbe­it der KjG Uedesheim und als Lehrer gaben mir die Sicherheit, die richtige Entscheidu­ng getroffen zu haben“, erklärte der 29 Jahre alte Pädagoge. Das Projekt Klassenzim­mer unter Segeln hat ihn schon länger gereizt. Vergangene­s Jahr ergab sich dann die Möglichkei­t, als Lehrer mit an Bord zu gehen. Der Leiter seiner eigentlich­en Schule zeigte sich offen für das Vorhaben und so war es möglich, dass er für die Zeit mitten im Schuljahr freigestel­lt werden konnte.

34 Jugendlich­e im Alter von 14 bis 17 Jahren brachen mit der Schiffcrew und mehreren Pädagogen – sgesamt 21 Begleiter – zu diesem besonderen Auslandsau­fenthalt auf. Wissenscha­ftlich begleitet wird das Projekt von der Universitä­t Erlangen-Nürnberg. Die Reiseroute ließ Fernweh aufkommen. Es ging über die Nordsee nach England, Teneriffa mit einem ersten Landaufent­halt, dann kam die dreiwöchig­e Atlantik-Überquerun­g. „Weihnachte­n haben wir auf hoher See gefeiert“, erinnert sich Kai Regener zurück. Nach einer Exkursion durch den Regenwald machte die „Thor Heyerdahl“in Kuba fest, und die Jugendlich­en lernten die Schule auf Kuba kennen. „Ein ganz anderes System, als wir es in Deutschlan­d gewohnt sind“, sagt Regener.

Über die Bermudas und über die Azoren ging es dann schließlic­h zurück nach Kiel. „Wir haben Inseln gesehen, da dachte man, dass das gar nicht echt sein kann“, beschreibt der Pädagoge seine Eindrücke. Wann immer es ging, blieb der Motor des Schiffes aus und es wurde nur mit dem Wind gesegelt. Ein besonderer Moment, wenn die Geräusche und Vibratione­n plötzlich verstummte­n und es still wurde auf dem Schiff.

Aber für alle war die Reise nicht zum Erholen da. Regener unterricht­ete an Bord Deutsch, Geographie und Geschichte, zudem gab es Pflichten zusätzlich zum Unterricht. Vom Küchendien­st bis zum Reinigen des Schiffs galt es auch die unangenehm­en Dienste zu übernehmen. „Mich hat es erstaunt, wie selbstvers­tändlich die Jugendlich­en mitgezogen haben“, erklärte Kai Regener. Natürlich stand auch das Segeln auf dem Stundenpla­n, daher übernahmen die Schüler auch immer wieder das Kommando über das Schiff – und die Fachleute griffen nur ein, wenn es nötig wurde.

„Ich nehme für mich aus dem Projekt viele Eindrücke und Erfahrunge­n mit, es war aber auch eine enorme Arbeitsbel­astung“, noch einmal würde der reiselusti­ge Lehrer allerdings nicht so schnell mitse- geln. Durch die wechselnde­n Wachdienst­e wurde man entweder selbst oder der Kojennachb­ar geweckt. Es gab kaum Nächte in denen man durchschla­fen konnte. Hinzu kam die Nähe zu den Schülern, die gewöhnungs­bedürftig ist. „Man wusste halt schon beim Frühstück, wer heute gut und wer eher schlecht gelaunt ist.“Aber auch wenn es anstrengen­d war, will Kai Regner die Erfahrunge­n aus seinem Klassenzim­mer unter Segeln nicht mehr missen.

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FOTOS (2): KN Der Neusser Kai Regener unterricht­ete 34 Jugendlich­e ein gutes halbes Jahr auf dem Segelschif­f. Nun kehrte er voller Eindrücke zurück.
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Die „Thor Heyerdahl“.

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