Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Einblicke in die Berufswelt
Was können Schule und Wirtschaft voneinander lernen? In Düsseldorf existieren bereits 120 Lernpatenschaften – zum gegenseitigen Nutzen.
Die Zukunft kann überall sein, manchmal taucht sie im Dunst über einem Kochtopf auf, in dem ein Kalbsfond blubbert. Das erlebten die Schüler der Dumont-Lindemann-Gemeinschaftshauptschule in Bilk, als sie gemeinsam mit den Küchenprofis der Lindner Hotels ein festliches Dinner anrichteten. Während sie da in der Pastinakensuppe rührten, dachten die Jugendlichen möglicherweise zum ersten Mal über eine Ausbildung in der Hotelbranche nach. Anlass war die soeben besiegelte Kooperation zwischen Schule und Unternehmen – eine von 120 Lernpatenschaften in Düsseldorf.
Für eine erste Orientierung ist es nie zu früh. Die „Forscherwelt“des Henkelkonzerns wendet sich an Grundschüler und setzt auf deren kindliche Neugier und ihren Wissensdrang. Auch wenn Kinder noch nicht über eine Berufsorientierung nachdenken, lässt sich dadurch zumindest ihr Interesse an Naturwissenschaften wecken. „In die Forscherwelt gehören Experimente im Labor, die Präsentation der eigenen Forschungsergebnisse genau so wie das Gespräch mit Experten“, erläutert Ute Krupp, Leiterin des Projekts.
Zwei Mal im Jahr kooperiert Henkel mit vier Grundschulen, dabei begreifen die Jungen und Mädchen schnell, wie sie Wissen aus ihrem Alltag im Labor vertiefen können. So stellen sie bei Thema „Kleben“eigene Klebstoffe aus Lebensmitteln her und lernen an Gummibärchen und Puddingpulver ganz neue, haftende Eigenschaften kennen.
Das Düsseldorfer Kompetenzzentrum für den Übergang von Schule in Beruf oder Studium organisiert die Patenschaften zwischen Unternehmen und Schulen, „von der beide Seiten profitieren“, erläutert Lisa Bäcker. Die Unternehmen werden als Ausbildungsbetrieb bekannter, können frühzeitig Kontakt zu potenziellem Nachwuchs knüpfen. Das funktioniere über einen persönlichen Eindruck viel besser, als über Karriereseiten im Internet. „Außerdem bekommen die Firmen einen Einblick in die Welt der Ju- gendlichen und in das System Schule.“Und ganz nebenbei sei schon so manchem Schüler im Betriebspraktikum aufgegangen, dass Mathe im Alltag doch ganz nützlich sein kann.
Zu den jüngsten Patenschaften zählt die Kooperation zwischen den Lindner Hotels und der DumontLindemann-Hauptschule. Regelmäßig berichtet nun ein Mitarbeiter im Unterricht der neunten Klasse von der Arbeit in einem Hotel und stellt die 15 verschiedenen Ausbildungsberufe des Unternehmens vor. Den Jugendlichen der zehnten Klasse wird mit einem Bewerbungstraining auf die Sprünge geholfen. Und wenn die Düsseldorfer Hauptschulen beim nächsten Kochduell antreten, sitzen auch zwei LindnerMitarbeiter in der Jury.
Auf Kontinuität setzen auch die Patenschaften zwischen der Soeffing GmbH, Spezialist für Kälte-, Klima- und Lüftungstechnik, dem Heinrich-Hertz-Berufskolleg und der Benzenberg Realschule, die schon seit 2003 besteht. Dass dabei nach Bedarf und unbürokratisch Praktikumsplätze vermittelt wer- den, ist eine Säule der Kooperation. Ebenso selbstverständlich: Ausbilder Patrick Tilmes ist regelmäßiger Gast im Schulalltag, und berichtet über Firma und Ausbildung und wie man sich bewerben kann. Dabei fragte ihn letztes Jahr ein Schüler, ob eine aktuelle Bewerbung noch möglich sei. Die Antwort trieb zur Eile an: „Ja, wenn ich heute noch eine Mail bekomme“, denn Patrick Tilmes wollte sich bereits am nächsten Tag für einen neuen Auszubildenden entscheiden. Die Bewerbung von Moritz war offenbar so überzeugend, dass der Spätzünder die Stelle bekam. Und Ausbilder Tilmes bewies mit dieser Entscheidung Instinkt: Aufgrund seiner Leistungen wurde Moritz soeben von der Handwerkskammer „zum Lehrling des Monats“gekürt.