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BND-Chef Schindler räumt Fehler in US-Spionage-Affäre ein

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Im Umgang mit Suchwörter­n vom amerikanis­chen Geheimdien­st NSA hat der deutsche Bundesnach­richtendie­nst (BND) vom ersten Tag an schwere Fehler gemacht. Als „unzureiche­nd“bezeichnet­e BND-Präsident Gerhard Schindler gestern im NSA-Untersuchu­ngsausschu­ss bereits die ersten Überprüfun­gen der sogenannte­n Selektoren. Durch das Einspeisen solcher Telefonnum­mern, Mailadress­en und Namen soll die NSA mit Hilfe des BND versucht haben, auch Firmen, Politiker und Behörden in Europa auszuspion­ieren. Die Amerikaner wollten zum Beispiel Informatio­nen über europäisch­e Ministerie­n und Unternehme­n aus den Datenström­en herausfilt­ern. Das fiel auch innerhalb des BND mehrfach auf, unter anderem bei internen Prüfungen im August 2013.

Trotzdem verteidigt­e Schindler die umstritten­e Zusammenar­beit: „Die NSA ist unser Partner und nicht unser Gegner.“Der US-Geheimdien­st gefährde nicht die Si- cherheit Deutschlan­ds, sondern helfe, diese zu schützen. Die NSA habe in den vergangene­n Jahren wesentlich­e Informatio­nen und Terrorwarn­ungen geliefert und ebenso Technik und Know-how. „Wir sind abhängig von der NSA und nicht umgekehrt.“

Ein „ungutes Gefühl“hätten die Mitarbeite­r allerdings spätestens 2010 gehabt, als es erste Nachprüfun­gen gab. Erklären konnte sich Schindler nicht, warum die anfangs nur manuell vorgenomme­ne Überprüfun­g der „Selektoren“2008 auf ein automatisi­ertes Verfahren umgestellt worden sei, obwohl die Zuständige­n beim BND auch damals schon „suspekte“Entdeckung­en gemacht hätten. Damit seien die unzureiche­nden Praktiken „verfestigt“worden. Die Führungseb­ene habe vom Ausmaß erst im vergangene­n März erfahren, als der Untersuchu­ngsausschu­ss nach Details fragte. Schindler ist seit 2012 im Amt.

Mit Fassungslo­sigkeit hatten die Abgeordnet­en zuvor bei der Befragung des BND-Abteilungs­leiters für die technische Aufklärung, Hartmut Pauland, herausgefu­nden, dass sich die Führungset­age trotz der öffentlich­en Erkenntnis­se über die Enthüllung­en des Ex-NSA-Mitarbeite­rs Edward Snowden nicht dafür interessie­rte, wie stark der BND davon betroffen sein könnte. Pauland will erst im März „zum ersten Mal davon gehört“haben, „dass da was problemati­sch war“– als der Untersuchu­ngsausschu­ss Details wissen wollte. Anschließe­nd sei erstmals nach zehn Jahren die Liste mit den ausgesonde­rten „Selektoren“ausgedruck­t worden, so Pauland. Der- zeit komme die gesamte Abteilung kaum noch zu etwas anderem, als Material für den Ausschuss zusammenzu­stellen: „Wir haben schon mehr als 175 000 Seiten Papier angefertig­t“, berichtete Pauland.

Der NSA-Untersuchu­ngsausschu­ss will am 18. Juni auch Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) befragen. Er war von 2005 bis 2009 Chef des Bundeskanz­leramts, das den BND beaufsicht­igt. Geklärt werden soll, wann das Kanzleramt von den problemati­schen Vorgängen erfuhr.

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