Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Spurlos verschwund­en

Der Fall der verschwund­enen Inga (5) verleiht dem Internatio­nalen Tag der vermissten Kinder (25. Mai) erschütter­nde Aktualität. In NRW werden 13 Kinder langzeitve­rmisst. Für die Eltern ein Alptraum, der nie zu enden scheint.

- VON SIMON JANSSEN

SCHÖNEBECK Was die Eltern der kleinen Inga aus Schönebeck zurzeit durchleben, ist der Alptraum aller Väter und Mütter. Seit dem 2. Mai fehlt jede Spur von der Fünfjährig­en. Sie war damals in einem Wald bei Stendal verschwund­en. Ihre Eltern schwanken zwischen Hoffnung und nagender Angst. Mehrere Bitten um Mithilfe erbrachten bisher Hunderte Hinweise, aber keine hei-

„Das Leid der Familien

hört nach dem Verschwind­en eines

Kindes nie auf“

Peter Jamin ße Spur zu der Vermissten. Während der ZDF-Sendung „Aktenzeich­en XY...ungelöst“am Mittwochab­end meldeten sich etwa 50 Anrufer. Einige hatten verdächtig­e Beobachtun­gen gemacht, andere wiesen auf frühere Fälle hin. „Wir wollen Inga finden, wir geben Inga nicht auf“, sagte Holger Herrmann, Chef der zuständige­n Ermittlung­sgruppe „Wald“in der Sendung.

Ingas Verschwind­en verleiht dem Internatio­nalen Tag der vermissten Kinder am 25. Mai eine erschütter­nde Aktualität. In Nordrhein-Westfalen gelten 559 Menschen als langzeitve­rmisst, sind also bereits bis zu 30 Jahre lang verschwund­en – 13 davon sind Kinder unter 14 Jahren, wie das Landeskrim­inalamt mitteilt. Deutschlan­dweit werden mehr als 100000 Kinder und Jugendlich­e jährlich als vermisst gemeldet – und tauchen glückliche­rweise in mehr als 99 Prozent aller Fälle wohlbehalt­en wieder auf. Für die Eltern der Kinder, die verschwund­en bleiben, ist die Rückkehr zum normalen All- tag undenkbar. „Mit dem Verschwind­en des Kindes befinden sich Eltern nicht als Zuschauer eines Horrorfilm­s im Kino – die schrecklic­hen Szenen sind real“, sagt der Düsseldorf­er Autor Peter Jamin, der sich seit knapp 20 Jahren mit Fällen vermisster Kinder be- schäftigt. Damals moderierte er im WDR eine Sendung, die das Ziel hatte, Vermisste wiederzufi­nden. In der Sendung meldeten sich vor allem Angehörige. „Ihr Leid hört nach dem Verschwind­en eines Kindes nie auf: Familien zerbrechen, Elternteil­e werden alkohol- oder medika- mentenabhä­ngig, Geschwiste­r leiden unter der Ungewisshe­it“, sagt Jamin, der bereits 2000 Betroffene betreut hat. Vor wenigen Tagen kontaktier­te ihn eine Mutter, deren Sohn vor 36 Jahren in der ehemaligen DDR spurlos verschwand. „Sie sucht ihn noch immer“, sagt Jamin.

Maximal 30 Jahre dauert eine Vermissten­fahndung. Mit jedem Jahr wird die Wahrschein­lichkeit geringer, dass das vermisste Kind noch lebt, weiß auch Alexander Kresta von der Polizei Wuppertal. „Es war der 21. Oktober 1998. Dieses Datum werde ich nie vergessen“, sagt Kresta. An diesem Tag verschwand die damals 15-jährige Tanja M. Alexander Kresta führte die Ermittlung­en. Noch heute steht er in Kontakt mit der Mutter des Mädchens. „Tanja soll frei entscheide­n, ob und wann sie wiederkomm­t“, sagte ihre Mutter Elisabeth M. in einem Interview.

Buchautor

 ?? FOTO: JENS WOLF/DPA ?? Seit dem 2. Mai fehlt von Inga G. aus Schönebeck (Sachsen-Anhalt) jede Spur. Die Polizei fahndet deutschlan­dweit mit Plakaten nach der Fünfjährig­en.
FOTO: JENS WOLF/DPA Seit dem 2. Mai fehlt von Inga G. aus Schönebeck (Sachsen-Anhalt) jede Spur. Die Polizei fahndet deutschlan­dweit mit Plakaten nach der Fünfjährig­en.

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