Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kinder trainieren mit Spitzen-Schwimmerin
Die 30-Jährige Ramona Noorman hilft an zwölf Dormagener Grundschulen bei der Schwimmausbildung von Jungen und Mädchen.
DORMAGEN Schwimmunterricht, sagt Ramona Noorman, ist manchmal wie eine Wundertüte. „Man weiß nie, mit welchem Typ Kind man zu tun hat und wie schnell es etwas umsetzen kann.“Die 30-Jährige ist eine Hoffnungsträgerin für viele Eltern in Dormagen. Denn die frühere Leistungsschwimmerin unterstützt seit Oktober im Schwimmunterricht von zwölf Grundschulen die Sportlehrerinnen. Ziel ist es, die Schwimmfähigkeit der Kinder zu verbessern.
Es waren Zahlen, die viele Eltern und Politiker erschreckten: Bis zu 50 Prozent der Dormagener Drittklässler können nicht schwimmen. Das ergab eine Umfrage der Sportverwaltung im vergangenen Jahr. Daraufhin sollte eine Schwimmtrainerin verpflichtet werden. Mit Ramona Noorman hat die Sportverwaltung einen besonderen Typ erwischt: Die junge Frau fällt mit ihren vielen Tattoos sofort auf, vor allem, wenn sie im Bikini oder Badeanzug am Beckenrand steht. Aber auch durch ihre unkomplizierte und offene Art. Auf den Mund gefallen ist die 30-Jährige nicht. „Ich bin ein extrovertierter Typ“, sagt sie selbst, „das hilft sicherlich auch im Umgang mit den Kindern.“
Noorman wurde in Dormagen geboren, sie baute am BvA ihr Abitur. Heute lebt sie in Köln, „der Liebe wegen“, sagt sie mit einem Lachen. Durch einen Schulwettkampf wurde TSV Bayer-Trainerin Maxi Breuer auf sie aufmerksam. Intensives Training folgte, in Spitzenzeiten neun Mal in der Woche. Als 13-Jährige wurde sie zwei Mal deutsche Jahrgangsmeisterin über 400 Meter Freistil und 200 Meter Lagen. Nicht viel später war dann Schluss, „ich hatte einfach die Motivation verloren“. Nach dem Abi absolvierte sie eine schulische Ausbildung zur Fremdsprachen-Sekretärin und arbeitete dann in einer Wirtschaftsanwaltskanzlei. „Dort war ich der Pa- radiesvogel, das war nicht das richtige Umfeld für mich.“Noorman entschloss sich, sich neu zu orientieren. Von ihren Ersparnissen ging sie auf große Reise, war in Kanada und Mexiko, später mit ihrem Freund in Thailand und Indien. Eine Weltkarte mit Bezügen zu ihren Stationen zieren als Tattoo einen Arm. Eine Meerjungfrau und ihre Eltern sind ebenfalls gut sichtbar auf ihrer Haut. „Probleme mit den Tattoos hatte ich noch nie. Die Kinder schauen noch nicht mal.“Vielleicht weil sie zu sehr mit Schwimmen beschäftigt sind. Die Aufgabe Noormans ist nicht leicht. „Zwei Drittel der Nichtschwimmer sind Migranten“, sagt sie. Da ist die Muslima, die keinen Badeanzug besitzt; hier das Kind, das kein Deutsch spricht; dort Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen, mit denen niemand von den Eltern zum Schwimmen geht. Das Minimalziel: das „Seepferdchen“, also eine Bahn schwimmen. „Mein Vorteil gegenüber den Lehrerinnen ist, dass ich mit ins Wasser gehen und mir Zeit für Einzelne nehmen kann.“Es gibt Erfolge, wie den an der Angerhausen-Schule, „wo jetzt alle Drittklässler schwimmen können“. Oder den Jungen, der im Januar das „Seepferdchen“schaffte und jetzt „Bronze“machte.
„Ich habe mehr Zeit als die Lehrer, um auf die Kinder einzu
gehen“
Ramona Noorman
Schwimmtrainerin