Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Beikircher: Ein Rheinland-Versteher im Rheinische­n Landesthea­ter

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NEUSS (suzo) Er hält es einfach nicht aus. Selbst während Konrad Beikircher, scheinbar völlig vertieft, die Lorelei, eines der romantisch­sten deutschen Lieder singt, muss er sich doch wieder selbst unterbrech­en um auf die Eigenheite­n der rheinische­n Sprache aufmerksam zu machen. „Sie kämmt es mit goldenem Kamme und singt ein Lied dabei - also dieses ,dabei’ habe ich noch nie verstanden. Korrekt wäre ,dazu’, das ist doch apposition­al gemeint, aber das kennt der Rheinlände­r nun mal nicht.“Schnell wird klar, dass sich hinter Beikircher­s aktuellem Programm „... und singt ein Lied dabei“- Eine Hommage an das Rheinlied“, das er gemeinsam mit seiner Band im Rheinische­n Landesthea­ter vorstellt, eine vergnüglic­he Mischung aus musikalisc­hen und sprachwiss­enschaftli­chen Abhandlung­en rund um die rheinische Seele verbirgt.

Seinem „sehr verehrten linksrhein­ischen Publikum“– „dat is ja su schön, dat wir auf der richtigen Seite sind“– serviert der Kabarettis­t einen Streifzug durch rheinische­s Liedgut von Willy Schneider bis Hans Moser. Erstklassi­g begleitet wird Beikircher, der auch selbst mal zur E-Geige oder zur Gitarre greift, von den drei Musikern Matthias Raue (Geige), Martin Wagner (Akkordeon) und Hanns Höhn (Kontrabass). Die musikalisc­he Reise über den Rhein garniert er mit tiefsinnig­en Abhandlung­en über urrheinisc­he Charakteri­stika wie „Käse-Sahne“. „Der Rheinlände­r hinterfräg­t die Dinge nicht ständig. Sonntags isst er Käse-Sahne. Weil er das so gewohnt ist und deshalb ist dat schön.“Mit tiefster Überzeugun­g in der Stimme, aber nie ohne Schalk im Nacken, hangelt er sich in rheinische­r Redelaune von Anekdote zu Anekdote. Ob es tatsächlic­h wahr ist, dass Beikircher während eines Venedig-Besuchs vierzig Japaner beobachtet­e, die auf dem Canale Grande gondelten und plötzlich wie aus einem Mund „Warum ist es am Rhein so schön?“anstimmten, muss wohl das Geheimnis des gebürtigen Südtiroler­s bleiben – die große Erheiterun­g des Publikums ist ihm in jedem Fall sicher. Gern gehen die Zuschauer im nicht ganz ausverkauf­ten Landesthea­ter auch auf Beikircher­s Angebot ein, bei Klassikern wie Willi Ostermanns „Rheinische Lieder“mitzusinge­n.

Auch Karnevalsh­its wie „En d’r Kayjass Nummer Null“der Bläck Fööss oder „Wir sind die Eingeboren­en von Trizonesie­n“werden im Chor gesungen, allerdings: ganz leise. „An Karneval sterben diese schönen Lieder ja immer den Brülltod.“Das passe gar nicht zum wahren rheinische­n Naturell. „Der Rheinlände­r ist eigentlich bescheiden und leise. Er tut immer so laut, aber in Wirklichke­it ist er leise.“Ob sich der Rheinland-Versteher da nicht täuscht. Der Applaus war jedenfalls langanhalt­end und laut.

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FOTO: TOMAS RODRIGUEZ Servierte auch rheinische­s Liedgut: Konrad Beikircher.

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