Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die schönsten Wege raus aus der Stadt – und wieder rein

- VON MARTIN OBERPRILLE­R

Eingefleis­chte Lokalpatri­oten mögen es kaum für möglich halten, doch es gibt sie – Gründe, die selbst waschechte Neusser dazu zwingen, der Heimatstad­t den Rücken zu kehren. So manchen Quirinusst­ädter hat es schon – und sei es nur kurz – in die Fremde verschlage­n. Ein Selbstvers­uch.

NEUSS Bereits ein kurzer Blick auf den Stadtplan genügt, um eines mit Gewissheit sagen zu können: Neuss liegt – verkehrste­chnisch – ausgesproc­hen günstig. Gleich mehrere Bundesauto­bahnen verbinden die Quirinusst­adt mit dem Rest der Welt. Von allen Punkten im Stadtgebie­t aus dauert es nur Minuten, ehe die nächste Anschlusss­telle erreicht ist. Und selbst für Zeitgenoss­en, die nicht motorisier­t sind, bietet sich eine gute Alternativ­e. Immerhin liegt der Neusser Hauptbahnh­of re- lativ zentral, so dass es eigentlich kein Problem sein sollte, von hier wegzukomme­n.

Route 1 Wobei die Betonung in diesem Fall auf dem Wort „eigentlich“liegt! Denn mit der Bahn ist es so eine Sache. Zwar lindert schon wenige hundert Meter nach der Ausfahrt des Zuges aus dem Bahnhof ein letzter Blick auf die vertraute Kulisse des Hafens mit seinen Industriea­nlagen den Abschiedss­chmerz. Allerdings, so weit muss man erst mal kommen. Denn bei der Pünktlichk­eit hat die Bahn so ihre Schwierigk­eiten, zumal zuletzt auch noch streikende Lokführer die Reisenden ausbremste­n.

Route 2 Also besser rein ins Auto? Eine gute Idee, die aber angesichts der Autobahnen oft auch nichts weiter bleibt als ein frommer Wunsch. Beispiel A 57: Wenige Kilometer hinter Neuss-West geht häufig gar nichts mehr. Eine echte Nervenprob­e, die dann selbst die Turmspitze­n von St. Quirin im Rückspiege­l nicht mehr versüßen können. Entweder steht man vor dem Kreuz Kaarst im Stau. Oder die Piste verwandelt sich kurz nach der Grenze zu Dormagen in einen Parkplatz.

Route 3 Ein „Vergnügen“, das die Autofahrer im Übrigen auch auf der A 46 erwartet. Denn dort wird ebenfalls eifrig gebaut, was nicht selten zu einem Stop and Go führt und die Reisenden verzweifel­n lässt.

Route 4 Doch zum Glück gibt’s ja noch die gute alte B 9. Gleichwohl: Die hat wohl den Vorteil, dass sie keine Endlos-Baustelle ist. Allerdings ist sie meist zweispurig – und somit angesichts der vielen Lkw auch keine Alternativ­e.

Route 5 Bliebe also nur noch ein Ausweg: die Joseph-KardinalFr­ings-Brücke. Benannt nach dem ehemaligen Erzbischof von Köln und gebürtigen Neusser führt sie zwar zunächst lediglich nach Düsseldorf – aber doch zumindest raus aus der Stadt. Was indes so mancher auf der anderen Rheinseite ebenfalls schnell verflucht haben dürfte. Denn die Nachbarn aus Düsseldorf haben dort eine tückische Blitze platziert, die etliche Neusser schon viel Geld – ja, im schlimmste­n Fall gar den Lappen kostete. Und uns reumütig zum Abbruch des Selbstvers­uchs zwingt. Kleiner Trost dabei: Alle Wege raus aus der Stadt führen am Ende auch wieder rein.

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