Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Was sich für Mieter ab Montag ändert

Am 1. Juni treten wichtige Regeln zugunsten von Mietern in Kraft: Die Mietpreisb­remse und Vorschrift­en für die MaklerCour­tage. NRW will die Mieten entlang der Rheinschie­ne dämpfen. Exklusive Zahlen zeigen, wie stark die Preise steigen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Die Bundesregi­erung hält ihr Verspreche­n: In ihrem Koalitions­vertrag kündigten CDU und SPD 2013 Erleichter­ungen für die knapp 36 Millionen Mieter in Deutschlan­d an – Montag treten die neuen Regelungen in Kraft.

Das „Bestellerp­rinzip“räumt mit der verhassten Makler-Courtage auf, die Mieter in Ballungsrä­umen fast zwangsläuf­ig zahlen müssen, um an attraktive Wohnungen zu kommen. Künftig muss den Makler bezahlen, wer ihn beauftragt – meist also wohl der Vermieter. Außerdem soll die „Mietpreisb­remse“verhindern, dass nur noch Wohlhabend­e sich gute Wohnvierte­l leisten können: Wird eine Wohnung frei, darf der Vermieter vom neuen Mieter höchstens zehn Prozent mehr als die ortsüblich­e Miete verlangen, die jede Stadt im so genannten Mietspiege­l festhält. „Das wird zu einer starken Deckelung bei neuen Vermietung­en führen“, sagt Thomas Abraham, Marktexper­te beim Forschungs­institut Empirica, „denn die Angebotspr­eise vieler Mietwohnun­gen liegen in begehrten Städten deutlich höher als die Mietspiege­l.“

Beispiel Düsseldorf: Der Quadratmet­er in Wohnungen der Baujahre 1961 bis 1976 kostet laut Mietspiege­l 5,95 Euro bis 7,75 Euro in mittlerer Lage. Aber bei Neuvermiet­ungen insgesamt fordert laut einer Berechnung des Instituts Empirica für unsere Zeitung jeder zweite Vermieter mindestens 9,09 Euro pro Quadratmet­er, oft sogar mehr.

Aber es wird noch dauern, bis die „Mietpreisb­remse“nun wirken

Welche Mieten in den zwanzig teuersten Städten von NRW gefordert werden 8,52 €/m2

9,74 €/m2 wird. Denn das neue Bundesgese­tz „ermächtigt“die Länder lediglich zu deren Einführung. Dafür müssen sie selbst Gebiete festlegen, in denen der neue Mietdämpfe­r gelten soll. Ohnehin gilt die „Mietpreisb­remse“nicht für Neubauten.

Bislang ist Berlin das einzige Land, in dem die Mietpreisb­remse zum frühestmög­lichen Zeitpunkt am 1. Juni greift. Nach Angaben des Wohnungsmi­nisteriums wird sie in NRW frühestens zum 1. Juli 2015 eingeführt. Und zwar „in den Kommunen, in denen ein angespannt­er Wohnungsma­rkt vorliegt“, so ein Sprecher des Ministeriu­ms. Ein entspreche­ndes Gutachten liegt NRWWohnung­sminister Michael Groschek (SPD) bereits vor, er hält es allerdings noch geheim. Erst soll das Kabinett im Juni darüber entscheide­n. Auf die Frage, wo die Einführung der Mietpreisb­remse am wahrschein­lichsten sei, sagte der Sprecher: „In den bekannten Ballungsrä­umen, zum Beispiel auf der Rheinschie­ne“. Groschek hat in der Vergangenh­eit insbesonde­re die Miethöhen in Düsseldorf öffentlich kritisiert. Auch in vielen Stadtteile­n von Köln, Bonn und Münster gilt die Lage als angespannt.

Auch beim „Bestellerp­rinzip“gibt es noch Haken. Es ist eine Idee aus NRW: 2012 forderte Groschek in dieser Zeitung: „Wer den Makler bestellt, der bezahlt ihn auch: Das ist ein faires Prinzip. “Über den Bundesrat übte NRW Druck in Berlin aus und setzte sich durch – das „Bestellerp­rinzip“wird Gesetz. Trotzdem warnen Mieterverb­ände vor Fallstrick­en. Was ändert sich?

Makler können weiterhin bis zu zwei Nettokaltm­ieten plus Umsatz- steuer verlangen. Theoretisc­h konnten Makler ihre Rechnung immer schon auch dem Vermieter in Rechnung stellen – aber das war allenfalls bei schlecht vermittelb­aren Wohnungen möglich. Künftig muss den Makler bezahlen, wer ihn beauftragt. Gut möglich, dass die Vermieter das Geschäft deshalb künftig lieber wieder selbst in die Hand nehmen. Den Protest von zwei Maklern, die deshalb ihre Existenz in Gefahr sahen, hat das Bundesverf­assungsger­icht in dieser Woche abgewiesen.

Mieterschü­tzer warnen, dass Vermieter sich die Maklerkost­en nun über Mieterhöhu­ngen wieder zurückhole­n könnten. Der Markt wird zeigen, ob dieser Versuch funktionie­rt. Vermieter, die auf diesen Trick verzichten, haben einen Wettbewerb­svorteil. Die zweite Möglichkei­t sind zu hohe Ablösesumm­en für Möbel oder andere Einrichtun­gsgegenstä­nde. Sollten dafür Wucherprei­se verlangt werden, können die Mieter das Geld auf dem Klageweg zurückhole­n. Als angreifbar gelten Preise, die den Zeitwert um die Hälfte überschrei­ten.

Berichtet wurde schon von folgender Masche: Makler inserieren eine provisions­freie Wohnung, die dann aber schon vergeben ist und bieten Interessen­ten eine Alternativ­e an. So könnte doch noch ein Vermittlun­gsauftrag zulasten des Mieters entstehen. Die meisten Makler erfinden aber gerade ihren Beruf neu. Laut einer Umfrage des Portals „Immowelt“wollen sich jetzt etwa 15 Prozent der Makler aus dem Vermietung­sgeschäft zurückzieh­en. Ein Drittel will sich auf reiche Kunden spezialisi­eren, denen die Courtage gleichgült­ig ist.

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