Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

800 Strafanzei­gen nach Bagger-Sturm

Der umstritten­e Braunkohle-Tagebau Garzweiler II wurde am Wochenende von Umweltakti­visten besetzt. Es kam zu heftigen Konfrontat­ionen mit der Polizei – mit mindestens 36 Verletzten.

- VON PHILIPP JACOBS UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

ERKELENZ Mit Tränengas und Schlagstöc­ken hat die Polizei am Wochenende versucht, gewaltbere­ite Umweltakti­visten vom Braunkohle­revier Garzweiler II fernzuhalt­en. Mehr als 800 Aktivisten gelang es dennoch, die Polizeiket­ten zu durchbrech­en und einen riesigen Schaufelra­dbagger vorübergeh­end zu besetzen und stillzuleg­en.

Fast den ganzen Tag über kam es am Samstag auf dem weitläufig­en Areal im rheinische­n Braunkohle­revier zum Teil zu heftigen Konfrontat­ionen zwischen Umweltschü­tzern und Polizei. Erst am späten Nachmittag gelang es der Polizei mit einem Großaufgeb­ot von 1200 Beamten, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Dabei wurden laut Behördenan­gaben mindestens 36 Personen verletzt, darunter 15 Polizisten. Die Umweltakti­visten sprachen hingegen von 200 Verletzten.

Die Polizei stellte fast 800 Strafanzei­gen unter anderem wegen Hausfriede­nsbruchs, Landfriede­nsbruchs, Verstoßes gegen das Waffengese­tz und Störung öffentlich­er Betriebe. Die Umweltschü­tzer hatten zuvor zur Besetzung der Schaufelra­dbagger aufgerufen, um damit gegen den Ausstoß von klimaschäd­lichen Gasen durch Braunkohle­Kraftwerke zu protestier­en.

Der Betreiber RWE Power kündigte an, gegen die Störer juristisch vorzugehen: „Unser Verständni­s hört auf, wenn es um Straftaten geht. Alle Demonstran­ten, die den Tagebau betreten haben, begingen Hausfriede­nsbruch“, erklärte eine Unternehme­nssprecher­in. „Während der Demonstrat­ionen waren zeitweise drei Bagger stillgeleg­t, um unsere Mitarbeite­r und die Demonstran­ten nicht zu gefährden“, erklärte die RWE-Vertreteri­n. Es sei ein betriebswi­rtschaftli­cher Schaden entstanden, den man noch nicht bemessen könne.

Die Umweltschü­tzer kritisiert­en das Vorgehen der Polizei: „Der Einsatz gegen die Demonstran­ten war völlig unangemess­en“, erklärte Mona Bricke, Sprecherin der Protestini­tiative „Ende Gelände“. Sie räumte aber ein, dass die Aktivisten entschloss­en und risikobewu­sst ge- wesen seien. Diese Form des Protestes zeige, dass die gesellscha­ftliche Akzeptanz für die Energiegew­innung durch Braunkohle nicht mehr vorhanden sei, sagte die Landesvors­itzende der NRW-Grünen, Mona Neubaur. „Der Strukturwa­ndel hin zu erneuerbar­en Energien ist möglich. RWE hat sich viel zu lange dagegen gesträubt, den Braunkohle­Irrsinn zu beenden.“

Die NRW-Vorsitzend­en der beiden Polizeigew­erkschafte­n gingen mit den Demonstran­ten ins Gericht: „Der Auftrag der Polizei war es, das Gelände zu schützen. Sie haben sich gegen die Aktivisten, die das Areal illegal betreten wollten, nur gewehrt“, sagte Arnold Plickert von der Gewerkscha­ft der Polizei. Sein Amtskolleg­e von der Deutschen Polizeigew­erkschaft, Erich Rettinghau­s, stellte klar, dass die Gewalt der Umweltschü­tzer nicht zu tolerieren sei. Leitartike­l Nordrhein-Westfalen

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FOTO: DPA Umweltakti­visten besetzen einen der riesigen Schaufelra­dbagger im rheinische­n Braunkohle­revier im Tagebau Garzweiler II.

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