Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gewerkscha­ften werden aggressive­r

Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi gilt laut Studie als besonders streitlust­ig.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Die Gewerkscha­ften setzen in der laufenden Tarifrunde deutlich mehr auf Drohungen und Streiks als in den vergangene­n zehn Jahren. Das geht aus einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Die IW-Tarifexper­ten Hagen Lesch und Paula Hellmich haben für den sogenannte­n Konfliktin­tensitäts-Index Tarifausei­nandersetz­ungen nicht wie sonst in den gängigen Streikstat­istiken üblich einzig nach ihrer Länge betrachtet, sondern vergaben anhand einer Skala Punkte, je nachdem, zu welchen Mitteln die Gewerkscha­ften griffen: Für reine Verhandlun­gen ohne Drohungen oder Arbeitskam­pf gab es null Punkte, bei Arbeitskäm­pfen nach einer Urabstimmu­ng sieben Punkte. Bei den 14 Tarifverha­ndlungen im laufenden Jahr fielen in Summe 234 Punkte an – 16,7 im Durchschni­tt und damit mehr als in allen Runden seit

Hagen Lesch 2006. Verdi ist wegen der Konflikte bei der Post, den Kitas und den Ländern mit 146 Punkten für 62,4 Prozent verantwort­lich. Auf Platz zwei folgen die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) und die Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit mit jeweils zehn Prozent (23 Punkte), auf Platz vier liegt die IG Metall mit 8,9 Prozent (21 Punkte).

Interessan­t: Die durchschni­ttlich höchste Eskalation­sstufe je Konflikt lag bei 3,6 Punkten. Einfach ausgedrück­t bedeutet dies, dass statistisc­h gesehen in nahezu jeder Tarifausei­nandersetz­ung Warnstreik­s durchgefüh­rt wurden (vier Konfliktpu­nkte). „Der Ton war so scharf wie lange nicht mehr“, sagte Tarifexper­te Lesch. Eskaliert seien die Konflikte jenseits der klassische­n Lohnrunden – etwa bei der Abwehr von Ausgründun­gen, bei Organisati­onskonflik­ten wie bei der Bahn oder in Sondertari­frunden wie bei den Erzieherin­nen. Leitartike­l Wirtschaft

„Der Ton war so scharf wie lange nicht mehr“

Tarifexper­te

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