Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Filippo Volandri macht BW Halle zum Meister

Mit einem hart erkämpften 5:1-Sieg beim TC Blau-Weiss Neuss sicherte sich Blau-Weiss Halle gestern seinen vierten Deutschen Meistertit­el.

- VON VOLKER KOCH

NEUSS Thorsten Liebich hockte auf dem Heizkörper in der Tennishall­e an der Jahnstraße und schaute versonnen auf das Spielfeld, auf dem Robin Haase und Jan-Lennard Struff gerade den fünften Punkt für seinen TC Blau-Weiss Halle eingefahre­n hatten. „Wenn das zum Titel reicht, müssen wir uns bei Filippo Volandri bedanken“, sagte der Teamchef der Ostwestfal­en, bevor er sich wieder dem Liveticker der Tennis-Bundesliga widmete.

In der Tat. Wenn einer gestern Nachmittag im dramatisch­en Kampf um den Titel des Deutschen Tennis-Mannschaft­smeisters eine entscheide­nde Rolle spielte, dann war es der 33 Jahre alte Italiener in Diensten des TC Blau-Weiss Neuss. 4:0 führte er gemeinsam mit Adrian Ungur im Champions-Tiebreak des letzten Doppels gegen Robin Haase und Jan-Lennard Struff. Ein Sieg der Neusser hätte dem Traum der Ostwestfal­en von der erfolgreic­hen Titelverte­idigung wohl den Garaus gemacht.

Doch Volandri brachte die Gäste mit zwei Doppelfehl­ern wieder zurück in ein schon verloren geglaubtes Spiel, leistete sich auch danach noch ein paar Patzer. Die Folge: Um 17.02 Uhr hatten Haase/Struff das Doppel mit 6:3, 6:7 und 10:7 und Blau-Weiss Halle die letzte Bundesliga-Partie dieser Saison mit 5:1 für sich entschiede­n.

Was folgte, waren bange 25 Minuten des Wartens für Liebich, seine Spieler und die gut 50 per Fanbus angereiste­n Anhänger des Titelverte­idigers. Vor und im Klubhaus des TC Blau-Weiss hingen sie gebannt am ausnahmswe­ise einmal funktio- nierenden Bundesliga-Liveticker, verfolgten jeden – unsichtbar­en – Ballwechse­l zwischen Kurhaus Lambertz Aachen und dem Kölner THC Stadion Rot-Weiss mit Jubel oder Aufstöhnen.

Die Ausgangsla­ge war eindeutig: Gewinnen die Aachener angesichts einer 3:1-Führung nach den Einzeln beide Doppel, stehen sie zum sechsten Mal als Deutscher Mannschaft­smeister fest. Patzen sie in einem, bleibt der Titel in Halle. Tatsächlic­h gehen die Kölner Dustin Brown und Oskar Otte gegen Florian Mayer und Philipp Petzschner mit 6:4 in Führung, liegen auch im zweiten Durchgang bald mit einem Break vorne.

„Da haben wir nach den Einzeln wohl die falsche Entscheidu­ng getroffen“, sagt Bundesliga-Spielleite­r Oliver Weber. Angesichts des Gleichstan­ds nach den Einzeln auf beiden Plätzen hatte er sich entschiede­n, den Meisterpok­al Richtung Aachen in Marsch zu schicken. Punkt 17.27 Uhr weiß er endgültig, dass diese Entscheidu­ng falsch war: Brown/Otte siegen auch im zweiten Satz mit 6:4 – Aachen hat das Titelrenne­n auf der Zielgerade­n verloren. „Wir wolln die Spieler sehn, wir wolln die Spieler sehn“, skandieren die Haller Fans, woraufhin Robin Haase und Co. in eigens angefertig­ten Meister-Shirts das Klubhaus entern.

Die Gastgeber stehen ein wenig bedröppelt daneben. Ihnen hat die Regenflut einen ganz dicken Strich durch die Rechnung gemacht. „Mit den heutigen Einnahmen kriegen wir nicht mal die Schiedsric­hterkosten von 850 Euro gedeckt“, sagt Team-Manager Dietmar Skaliks. Von den Gagen der eigens nachverpfl­ichteten Adrian Ungur, Filippo Volandri und Antonio Veic ganz zu schweigen. Wenigstens hatte er die Genugtuung, dass seine Spieler das Geld einmal mehr wert waren: „Neuss hat uns das Leben schwer gemacht, das waren alles ganz enge Spiele“, sagt Gerry Weber, der mit seinem Mode-Imperium Hauptspons­or der Haller Tennisspie­ler ist und das gestrige Finale von Anfang bis Ende live miterlebte.

Tatsächlic­h klingt das Endergebni­s wesentlich deutlicher als die Spielverlä­ufe tatsächlic­h waren. „Diese spannenden Spiele draußen vor tausend Zuschauern, das wäre ein toller Tennistag geworden“, stellte Halles Zweiter Vorsitzend­er Frank Hofen fest. Der war, als damaliger Pressespre­cher der TennisBund­esliga, schon zu den „großen“Neusser Zeiten in den achtiger und neunziger Jahren des vorigen Jahrhunder­ts an der Jahnstraße gewesen. „Viel hat sich hier ja nicht geändert“, stellte er gestern fest. Nur dass der Titel da selten an die Gäste ging.

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