Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Einmal ein Ritter sein

Beim Mittelalte­rfest auf der Galopprenn­bahn reisten die Besucher in eine sehr lebendige Vergangenh­eit.

- VON HENNING RASCHE UND ANDREAS ENDERMANN (FOTOS)

Ritter Manfredius von Württember­g setzt sich seinen bleischwer­en Helm auf den Kopf. Er kann sich kaum noch bewegen und durch die dünnen Schlitze auch nicht allzu viel erkennen. Ausgerechn­et da fällt ihm der Handschuh vom Pferd. Ein paar Sekunden sitzt Ritter von Württember­g also da, schaut geradeaus nach vorne – weil er gar nicht anders kann – und überlegt, wie er nun seinen Handschuh wiederbeko­mmt. Sein hübsches Pferd kaut dabei ein bisschen am Rasen herum; es stärkt sich wohl für die kommenden Prüfungen. Eine blonde Dame erkennt das Malheur des Ritters Manfredius, geht unter der Absperrung hindurch und reicht ihm den Handschuh. Es kann also weitergehe­n.

Mittelalte­rfest der Kulturfreu­nde Knittkuhl an der Grafenberg­er Rennbahn. Das bedeutet drehende Spanferkel über dem offenen Feuer, Wildschwei­n-Bratwurst im Brötchen, Lachsflamm­kuchen, Honigwein und sogar Altbier. Aber noch viel mehr bedeutet Mittelalte­rfest, dass sich hunderte Menschen verkleiden und wie in einer vergangene­n Zeit leben. Sie schlafen ein Wochenende lang in einem Zelt, kleiden sich mittelalte­rlich, essen mittelalte­rliche Speisen, trinken mittelalte­rliche Getränke. Dazu kommen dann Besucher aus jeder Generation und lassen sich mitnehmen in diese vergangene Welt. Am Samstag waren rund 8000 Menschen beim Mittelalte­rfest an und auf der Galopprenn­bahn. Der verregnete und kühle Sonntag hingegen hat die Bilanz des Festes etwas getrübt.

Der erste Tag war völlig nach dem Geschmack der Mittelalte­rfreunde. Die Sonne brannte auf die Köpfe und die schweren und langärmlig­en Kostüme, so dass die Ritter ordentlich ins Schwitzen kamen. So wie Holger Gräf, der eigentlich Erutan von Knittkuhl heißt – oder umgekehrt. Beim großen Ritterturn­ier auf der Galopprenn­bahn sitzen Hunderte auf der kleineren der beiden Tribünen. Sie sehen, wie Ritter Manfredius von Württember­g mit der Lanze auf Burggraf Heinrich von Drachenfel­s zureitet und die Spitze mit lautem Krachen zerspringt.

Holger Gräf moderiert den Kampf, wie man heute sagen würde. Er kündigt die Prüfungen an, erklärt die Regeln und bittet zum Applaus, er ist der Herold. Seine Sprache hat er der Zeit angepasst und sagt Sätze wie: „Seid Ihr bereit, so reitet los.“Gräf ist Mitglied bei den Bergischen Lehnsritte­rn, die früher mal Düsseldorf­er Lehnsritte­r hießen. Sie bestreiten gerne Kämpfe vor Publikum, trainieren oft und machen das alle seit Ewigkeiten, Manfredius von Württember­g etwa seit 38 Jahren.

Gräf betont, dass das alles echt sei, keine Show, keine angesägten Lanzen. Beim Kampf hört man es scheppern, wenn sich die Ritter mit Schwertern schlagen. Zum ersten Mal wird auch beim Kinderturn­ier der Lehnsritte­r geritten, natürlich unter Anleitung. Holger Gräf, der auch zum Veranstalt­er der Kulturfreu­nde Knittkuhl gehört, sagt: „Wir haben das maßstabsge­recht entschärft.“Das war auch notwendig.

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So wie dieses Paar waren zahlreiche Besucher des Mittelalte­rfestes gekleidet. Viele verbrachte­n das Wochenende in Zelten am Rande des Festes.
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Bei Ranek vom See konnten die jungen Besucher schmieden.

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