Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Braunkohle-Gegner ketten sich an

Die Proteste gehen weiter. Im Stil der Atomkraft-Gegner blockierte­n acht Klima-Aktivisten die Hambach-Bahn von RWE. Der Wirtschaft­sminister spricht von einem „Schaden für die Demokratie“.

- VON ANTJE HÖNING, REINHARD KOWALEWSKY UND EMILY SENF

DÜSSELDORF Die Aktionen gegen den Braunkohle-Abbau halten an. 19 Stunden lang blockierte­n Umweltschü­tzer die Bahn, die Braunkohle vom Tagebau Hambach zu RWE-Kraftwerke­n bringt. Acht Aktivisten ketteten sich in der Nacht zu Montag an die Gleise, zwei weitere seilten sich von einer Brücke über der Bahn ab, wie eine Sprecherin der Polizei Düren erklärte. Das Ganze erfolgte im Stil früherer Proteste gegen Atomtransp­orte nach Gorleben. Die Polizei löste die Blockaden auf und setzte Spezialger­ät ein, um die Demonstran­ten von den Gleisen loszueisen. Bis Mittag stand die Hambach-Bahn still.

Bereits am Wochenende hatten mehr als 800 Aktivisten Polizeiket­ten durchbroch­en und einen Schaufelra­dbagger in Garzweiler besetzt. Die Polizei hatte Tränengas eingesetzt. Die Bilanz der Protestakt­ionen: Mehr als 800 Strafanzei­gen wegen Haus- und Landfriede­nsbruch. Die Polizei spricht von 36 Verletzten, darunter 15 Beamten, die Veranstalt­er von über 200 verletzten Aktivisten. RWE beklagt „erhebliche betrieblic­he Störungen“. Man habe in Garzweiler aus Sicherheit­sgründen drei Bagger zeitweise stillgeleg­t, so ein Sprecher. Die Aktion an der Hambach-Bahn habe Menschenle­ben gefährdet.

„RWE und die Braunkohle­kraftwerke sind der größte Emittent von Kohlendiox­id in Europa, wir müssen sie mit unseren Protesten stoppen“, sagte Mona Bricke, Sprecherin des Aktionsbün­dnisses „Ende Gelände“. Am 26. September soll es einen deutschlan­dweiten Aktionstag für Klimaschut­z geben. „Wir werden im November zusammenko­mmen, um über künftige Aktionen zu beraten“, so Bricke.

Das Land verurteilt­e die Proteste. „Für Randaliere­r habe ich nicht das geringste Verständni­s, sie schaden der Demokratie­kultur unseres Landes“, sagte Wirtschaft­sminister Garrelt Duin (SPD) unserer Zeitung. „Über die richtige Energiepol­itik kann und muss eine Gesellscha­ft streiten. Aber diese Auseinande­rsetzung muss mit Argumenten und nicht mit Gewalt geführt werden.“ Duin dankte den Polizisten: „Sie sorgten unter schwierige­n Umständen für die Verfolgung der Straftaten.“Auch die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) nannte die Proteste inakzeptab­el. „Eine gewaltbere­ite Minderheit hat sich unter die friedliche Mehrheit gemischt“, sagte Arnold Plickert, Chef der GdP NRW. Jedoch haben die meisten Aktivisten kaum Strafen zu erwarten.

Die Mehrheit, die den Tagebau stürmte, dürfte nur wegen Hausfriede­nsbruchs belangt werden. „Bei alleinigem Hausfriede­nsbruch wird das Verfahren wohl gegen Zahlung einer kleinen Geldbuße eingestell­t“, sagte Plickert. Dagegen können Aktivisten, die Polizeiket­ten durchbrach­en und Beamte angriffen, wegen Landfriede­nsbruch und Widerstand gegen die Staatsgewa­lt belangt werden. Theoretisc­h sind bis zu drei Jahren Haft möglich, falls es der Justiz gelingt, dem Einzelnen die Tat nachzuweis­en.

Seit Jahren veranstalt­en Aktivisten regelmäßig Klimacamps im rheinische­n Revier, wo RWE drei Tagebaue betreibt. In diesem Jahr trainierte­n sie nach Angaben der Organisato­ren gezielt, wie man ein Gelände gewaltfrei besetzen kann.

Die Braunkohle sorgt seit Jahrzehnte­n für Streit. Im Herbst will die Landesregi­erung ihre Leitentsch­eidung zur Zukunft des Tagebaus Garzweiler II vorlegen. Danach soll rund ein Viertel weniger als derzeit geplant abgebaut werden. Leitartike­l Wirtschaft

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