Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

CDU verordnet sich Frauenquot­e

Generalsek­retär Peter Tauber will das Altherren-Image seiner Partei ablegen. Dafür möchte er mehr Mitglieder mit den Eigenschaf­ten „weiblich, jung, zugewander­t“werben. Das Ziel: ein Frauenante­il von 30 Prozent bis 2020.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Aus Berliner Sicht könnte es der CDU gar nicht besser gehen: Gemeinsam mit der CSU steht sie in Umfragen dauerhaft bei mehr als 40 Prozent, sie stellt seit knapp zehn Jahren die Kanzlerin, und für die nächste Bundestags­wahl gilt eine absolute Mehrheit als möglich.

Doch hinter der schönen Kulisse droht die Macht zu bröckeln: In den Großstädte­n ist die CDU traditione­ll schwach, in 16 Bundesländ­ern stellt sie nur noch vier Ministerpr­äsidenten. Und die Mitglieder der Partei repräsenti­eren nicht die Vielfalt der Gesellscha­ft. Sie sind im Durchschni­tt fast 60 Jahre alt, zu 75 Prozent männlich und in aller Regel deutscher Herkunft.

CDU-Generalsek­retär Peter Tauber sieht es als Schwachste­lle seiner Partei, dass mögliche Neumitglie­der im Zweifel in einem Ortsverein auf eine homogene Altherrenr­iege stoßen. Schaut man sich Fotos und Mitglieder­listen der Jungen Union an, dann ist allerdings festzustel­len, dass die jungen Herren bei der CDU offensicht­lich genauso gerne unter sich bleiben wie die Älteren. Tauber hat seiner Partei bei der Mitglieder­werbung daher die Marschrich­tung „jung, weiblich, zugewander­t“vorgegeben. Der Frauenante­il in der Partei soll bis 2020 auf eine Quote von 30 Prozent steigen. Dies sei nur ein Zwischenzi­el, sagte Tauber, der sein Reformpapi­er gestern nach den Sitzungen der Führungsgr­emien der Partei offiziell vorstellte.

Das 25 Seiten starke Papier des Generalsek­retärs, das beim Parteitag im Dezember endgültig verabschie­det werden soll, ist Teil einer umfassende­n Parteirefo­rm. Schon vor der Sommerpaus­e präsentier­ten die CDU-Vize-Chefs Armin Laschet, Julia Klöckner und Thomas Strobl Ideen für eine inhaltlich­e Neuausrich­tung der Partei. Auffällig an den Papieren ist, dass sie alle grün angehaucht sind. So lieferte Laschet Ideen für mehr Bürgerbete­iligung und bekennt sich zum „Einwanderu­ngsland“Deutschlan­d. Klöckner setzte Akzente für fair hergestell­te Textilien und „ethisch“guten Konsum. Strobl wiederum befasste sich mit einer besseren sozialen Absicherun­g von Solo-Selbststän­digen.

In der so oft als Abnick- und Kanzlerwah­lverein geschmähte­n CDU soll nach den Plänen Taubers mehr Basisdemok­ratie einziehen. Bei der Aufstellun­g von Kandidaten zu Wahlen sollen die Mitglieder mehr Mitsprache erhalten. Bei Parteitage­n sollen Mitglieder ein eigenständ­iges Antragsrec­ht in Sachfragen erhalten. Für einen Bundespart­eitag benötigen sie aber mindestens 500 Unterstütz­er aus der eigenen Partei.

Die Ideen Taubers, wie er Mitglieder halten will, lesen sich ein wenig wie die Anleitung für das Personal in einem Fitness-Club, wie der Kundenstam­m zu pflegen sei. So soll die Partei die Neuen willkommen heißen und ihr Interesse für eine Mitarbeit in der Partei abklopfen. Künftig soll die Demokratie in der CDU auch nicht mehr von denjenigen mit dem besten Sitzfleisc­h dominiert werden können. Gremiensit­zungen sollen schon auf der Einladung festgelegt eine Uhrzeit für Beginn und Ende haben. In diesem Zusammenha­ng erfand der CDUGeneral­sekretär die Vereinbark­eit von Familie und Parteiarbe­it. Ein künftig auf allen Ebenen in die Vorstände zu wählender „Mitglieder­beauftragt­er“soll jene anrufen, die aus der Partei ausgetrete­n sind und sie zur Rückkehr bewegen.

Nicht alles in dem Papier ist so konkret gefasst wie das Umsorgen der Mitglieder: Zum Schwachpun­kt Städte heißt es nur, die CDU bleibe Kommunalpa­rtei Nummer eins und sei in jeder Gemeinde aktiv. „Sie unternimmt alles, um in Städten ge- nauso erfolgreic­h zu sein wie auf dem Land.“

Die CDU will eine Art selbstlern­endes System werden, das untereinan­der Experten vermittelt. In der Berliner Parteizent­rale sollen zudem aktive Mitglieder fit gemacht werden für den Wahlkampf. So sollen Amts-, Funktions- und Mandatsträ­ger im Dienste der bürgernahe­n Kommunikat­ion für eine „verständli­che und wirkungsvo­lle Sprache“geschult werden.

Ein wenig teurer wird es auch, Mitglied in der CDU zu sein. Der Mindestbei­trag steigt von heute fünf auf acht Euro pro Mitglied. Ab einem Brutto-Monatseink­ommen von 3000 Euro sollen 15 Euro monatlich abgeführt werden. Wer 5000 Euro oder mehr im Monat verdient, dem soll die CDU 25 Euro im Monat wert sein. Wie viel mehr dadurch in die Parteikass­e kommt, konnte Tauber nicht beziffern.

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FOTO: DPA CDU-Generalsek­retär Peter Tauber

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