Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Deutsche in Afghanistan entführt
KABUL (dpa) In der afghanischen Hauptstadt Kabul ist eine deutsche Entwicklungshelferin auf offener Straße entführt worden. Die Frau wurde gestern in der Nähe ihres Büros von zwei bewaffneten Männern aus ihrem Auto gerissen und verschleppt. Sie arbeitet für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die größte Entwicklungshilfeorganisation des Bundes.
Nach Angaben der Polizei bekannte sich zunächst niemand zu der Entführung. Die Sicherheitslage in Kabul gilt derzeit als extrem angespannt. Die Entführung ereignete sich im Stadtteil Kala-e-Fatullah, wo viele Entwicklungsorganisationen ansässig sind. Dort sind auch zahlreiche Unterkünfte für Ausländer. Polizeisprecher Ebadulah Karimi sagte: „Die Frau wurde gekidnappt, als sie ihr Büro gerade verlassen wollte.“Die beiden Männer hätten das Seitenfenster eingeschlagen, als die Deutsche bereits im Auto saß. Es fielen keine Schüsse.
Die GIZ wollte sich zu der Entführung nicht äußern. Aus dem Aus- wärtigen Amt in Berlin hieß es lediglich, man bemühe sich um schnellstmögliche Aufklärung. Zu Einzelheiten schwieg sich das Ministerium ebenfalls aus. Ein Sprecher sagte: „Dass die Sicherheitslage in Afghanistan nicht einfach ist, liegt auf der Hand.“
In Afghanistan halten sich nach neuesten Angaben der Bundesregierung derzeit nur noch etwa 80 deutsche Entwicklungshelfer auf. Vor einigen Monaten waren es noch rund 200. Außerdem sind etwa 1700 Einheimische für deutsche Ent- wicklungsorganisationen tätig. Die GIZ hat in Afghanistan insgesamt etwa 60 Projekte, die meisten davon im Norden des Landes.
Die Hauptstadt Kabul galt lange Zeit als verhältnismäßig sicher. In den vergangenen Wochen wurden dort bei Anschlägen allerdings mehr als 50 Menschen getötet. GIZ-Mitarbeiter, die anonym bleiben wollten, sagten, die Organisation habe Drohungen von Unbekannten erhalten. Nicht dringend notwendiges Personal sei daraufhin in Urlaub geschickt worden.