Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Pflegeprob­leme: Kreis droht mit Konsequenz­en

Bei den zwei Häusern, die unter Beobachtun­g der Heimaufsic­ht stehen, handelt es sich um ein privates Altenheim und das eines Verbandes.

- VON SUSANNE GENATH

NEUSS Die Nachricht, dass zwei Neusser Altenheime nicht die erforderli­che Fachkraftq­uote erfüllen und einem der beiden Häuser ein Aufnahmest­opp droht, beunruhigt viele Neusser. „Die Leute haben Angst, dass sie oder ihre Angehörige­n nicht richtig gepflegt werden“, berichtet Werner Schell vom Selbsthilf­enetzwerk „Pro Pflege“. „Die Heimaufsic­ht muss dringend handeln, damit es in Neuss nicht zu einem zweiten Fall wie in Meerbusch kommt.“In der Nachbarsta­dt hatte vor zwei Jahren erst ein Wechsel des Heimbetrei­bers dazu geführt, dass das Haus nach großen Problemen wieder auf den richtigen Kurs kam. „Auch dort fehlte erst das nötige Personal, dann wurde aber zu lange beobachtet und gewartet“, sagt Schell.

Laut Kreisdirek­tor Dirk Brügge wird die nächste Kontrolle am 1. Oktober zeigen, ob auch in Neuss ordnungsre­chtliche Maßnahmen getroffen werden müssen. „Zwei Überprüfun­gen sind bereits am 1. Februar und am 1. Juli erfolgt“, berichtet er. Welche Altenheime es sind, will er nicht sagen. Nach Informatio­nen unserer Zeitung befindet sich ein Haus in privater Trägerscha­ft, das andere in Trägerscha­ft eines Verbandes.

„Wenn es sich um verantwort­ungsbewuss­te Leitungen handelt, werden sie aus eigenem Interesse selbst die Belegungsz­ahlen herun- terfahren, um die erforderli­che Fachkraftq­uote wieder herzustell­en“, sagt Ingrid Schäfer (CDU), Vorsitzend­e des Demografie­beirates. „Schließlic­h kann ein Haus mit einer solchen Situation nicht glücklich sein und wird um seinen Ruf bangen.“

Einen kleinen Anhaltspun­kt für die Qualität eines Heims bieten die sogenannte­n Transparen­zberichte des Medizinisc­hen Dienstes der Krankenkas­sen (MDK), in denen Noten in fünf Kategorien, unter anderem in „Pflege und medizinisc­he Versorgung“, vergeben werden. Sie sind im Internet öffentlich einsehbar. In der Stadt Neuss schwanken die Noten der zwölf Heime im Pflegebere­ich zwischen „1,0“und „1,7“. „Die Noten sind allerdings nur we- nig aussagekrä­ftig, weil alle gut bewertet werden“, erklärt Werner Schell. „Die Heimleitun­gen erstellen ihre Dokumentat­ionen so, dass sie der Prüfung des MDK standhalte­n.“Dies sage noch nichts über die tatsächlic­he Pflegequal­ität aus. „Es kann sogar passieren, dass ein Heim, in dem sich die Angestellt­en mehr um die Pflegebedü­rftigen als um die Dokumentat­ion kümmern, eine schlechter­e Note erhält.“

Grundsätzl­ich seien die Pflegestan­dards in Deutschlan­d sehr hoch, sagt Ingrid Schäfer. Aus eigener Erfahrung – ihre Mutter sei vier Jahre in einem Altenheim gewesen – wisse sie aber um einige Probleme in den Häusern. „Für die Bewohner ist es nicht so wichtig, ob sie von einer Fachkraft oder von einer angelernte­n Kraft gepflegt werden“, sagt sie. „Sie wollen feste Bezugspers­onen und nicht ständig wechselnde­s Personal. Außerdem wollen sie Ansprechpa­rtner, die der deutschen Sprache mächtig sind. Das ist leider oft nicht mehr der Fall.“

Der Demografie­beirat setze deshalb auf andere Wohnformen im Zusammensp­iel zwischen Jung und Alt, wie sie jetzt in Norf entstehen. „Dort gibt es zum Glück genügend Bewerbunge­n von Fachkräfte­n“, weiß Schäfer. Das gilt auch für das im Bau befindlich­e Demenzzent­rum („Memory-Zentrum“) in der Nordstadt. „Unser Konzept ist für viele Fachkräfte interessan­t“, sagt Christa Bruns, Geschäftsf­ührerin der St.-Augustinus-Seniorenhi­lfe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany