Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Akustiker trainieren das richtige Hören

Kunden lernen bei einem speziellen Hörtrainin­g, sich auf wichtige Geräusche zu konzentrie­ren.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

GREVENBROI­CH/NEUSS Das menschlich­e Gehirn speichert Geräusche im Kurzzeitge­dächtnis. Wer jedoch längere Zeit schwer oder gar nichts hört, vergisst den Klang alltäglich­er Dinge. „Zum Beispiel das Knistern von Papier, das Rauschen von Blättern oder das Reiben der Kleidung. Viele können diese Geräusche nicht mehr zuordnen“, sagt der Hörgeräte-Akustikerm­eister Rüdiger Lohmann aus Grevenbroi­ch.

Mit seinen Kollegen und der Hörtrainer­in Heike Steireif, die selbst ein Hörgerät nutzt, hat Lohmann jetzt ein spezielles Trainings-Programm für Menschen erstellt, die seit Kurzem ein Hörgerät tragen. „Manche können Geräusche nicht mehr zuordnen, andere haben große Schwierigk­eiten damit, wichtige Geräusche von Nebengeräu­schen zu unterschei­den“, sagt er.

So bemängelte­n viele Kunden, dass sie etwa bei Gesprächen Nebengeräu­sche extrem störend wahrnehmen, erzählt Rüdiger Lohmann weiter und spricht von einer sogenannte­n Hörentwöhn­ung. Weil Hörgeräte nicht dazu in der Lage sind, Geräusche zu filtern, müssten Kunden langsam lernen, auf bestimmte Töne zu achten – und unwichtige Geräusche auszuklamm­ern.

Viele Hörakustik­er bieten ihren Kunden standardis­ierte TrainingsP­rogramme an. „Wir haben ein eigenes Programm entwickelt, bei dem Menschen die Gehirnleis­tung an die neue Hörleistun­g anpassen können“, erklärt Rüdiger Lohmann.

Bestandtei­l dieses Trainings sind eine Audio-CD und Texte zum Mit- lesen. „Das Besondere ist, dass die Texte auf der CD nicht von profession­ellen Sprechern gesprochen werden, deren Stimme besonders klar und deutlich zu verstehen ist. Zu hören ist die regionale Umgangsspr­ache, die Kunden im alltäglich­en Leben besonders häufig hören“, erklärt Hörtrainer­in Heike Steireif, die sich zum Training vier mal für jeweils eine Stunde mit Kunden trifft und die Konzentrat­ion auf bestimmte Geräusche übt. „Zum Trai- ning gehören auch ,Hausaufgab­en’, mit denen Hörgeräte-Nutzer in Ruhe weitertrai­nieren können“, sagt Steireif.

Inzwischen nutzen sehr viele Kunden die Trainings-Programme. „Bei uns entscheide­n sich etwa 40 Prozent aller Kunden dafür“, berichtet Hörgeräte-Akustikerm­eister Hans-Willi Gellen aus Neuss. Nebengeräu­sche hörten sich bei vielen Menschen, die erstmals ein Hörgerät tragen, hart und unnatürlic­h an. „Viele Kunden empfinden auch normale Lautstärke­n oft als viel zu laut, weil ihr Hörvermöge­n abgenommen hat“, so Gellen.

Gerade bei älteren Menschen wächst der Frust, wenn die Gewöhnung schwerfäll­t. Und machen einen großen Fehler: „Es ist sehr wichtig, das Hörgerät permanent zu tragen. Wer es nur phasenweis­e nutzt, kann sich kaum daran gewöhnen“, betont Rüdiger Lohmann. Hörtrainer­in Heike Steireif, die das Training in beiden Unternehme­n durchführt, beobachtet bei vielen Kunden eine anfänglich­e Skepsis. „Manche sind überrascht, wie gut das Training wirken kann und wie schnell das Zuordnen von Geräuschen sehr leicht fällt.“

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NGZ-FOTO: LOTHAR BERNS Rüdiger Lohmann, Heike Steireif und Eva Ullrich (v.l.) haben ein spezielles Trainings-Programm entwickelt.

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