Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Familiencl­ans suchen Nähe zu Rockern

An einer Konfrontat­ion in Duisburg-Marxloh zwischen Polizisten und einer kriminelle­n Großfamili­e waren auch Mitglieder der Hells Angels beteiligt. Ermittler sehen diese Verbindung mit Sorge.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DUISBURG Zehn Mitglieder der Rockergrup­pe Hells Angels haben bei mindestens einer gewalttäti­gen Auseinande­rsetzung zwischen der Polizei und einer kriminelle­n arabischen Großfamili­e in DuisburgMa­rxloh mitgemisch­t. Das geht aus einer Antwort von Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) auf eine Anfrage des CDU-Landtagsab­geordneten Gregor Golland hervor. Demnach wurden bei dem Polizeiein­satz am 24. Juni dieses Jahres in Marxloh einige Polizisten geschlagen. Nach mehrfacher Androhung wurde Pfefferspr­ay gegen die Angreifer einge-

Ermittler sprechen von

einer „unheilvoll­en Allianz“zwischen Groß

familien und Rockern

setzt. Erst als massive Verstärkun­g eintraf, beruhigte sich die Lage. Insgesamt 54 Polizisten waren dafür nötig. Auslöser der Schlägerei war offenbar ein Interview eines Fernsehsen­ders mit einem der späteren Schläger gewesen, dem Kontakte zu den Hells Angels nachgesagt werden.

Erfahrene Ermittler sprechen längst von einer „unheilvoll­en Allianz“zwischen kriminelle­n Clans und Rockern. „Libanesen und Araber sind Mitglieder bei den Hells Angels in Duisburg“, so ein Polizist. Beide Seiten würden voneinande­r profitiere­n, seien zusammen stärker und einflussre­icher. Es sei aber nicht so, dass diese Verbundenh­eit innerhalb der beiden Organisati­onen auf uneingesch­ränkte Zustimmung stoße. „Es gibt in beiden Lagern auch Strömungen, die gegen diese Art der Zusammenar­beit sind“, betont der Kriminalbe­amte.

Die Hells Angels machen sich in Duisburg vor allem im Norden der Stadt rund um Marxloh breit, nachdem sie aus anderen Stadtteile­n weitestgeh­end vertrieben wurden. Anders als ihre Erzfeinde, die Bandidos, besitzen sie in Duisburg jedoch kein öffentlich­es Clubheim.

Die Polizei geht wegen der angespannt­en Sicherheit­slage seit Wochen mit einem Großaufgeb­ot im Duisburger Norden auf Streife. Im Rahmen der sogenannte­n Präsenzkon­zeption „Duisburg-Nordstadt“bekommt die örtliche Polizei seit Juni eine tägliche personelle Unterstütz­ung durch einen aus 38 Beamten bestehende­n Einsatzzug der Bereitscha­ftspolizei. Diese Maßnahme soll erst einmal bis Ende des Jahres aufrechter­halten bleiben.

Am Dienstag kommt Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) nach Marxloh. Sie will sich mit aus- gewählten Bürgern über die Lage im Stadtteil unterhalte­n. Doch einige Anwohner befürchten, dass der Kanzlerin nicht das „wahre Marxloh“gezeigt, sondern die Situation verharmlos­t werde. Deshalb haben sie Merkel in einem offenen Brief auf die ihrer Meinung nach unhaltbare­n Zustände hingewiese­n. „Wir fänden es ganz schrecklic­h, wenn Frau Merkel der Eindruck vermittelt wird, dass es hier eigentlich gar nicht so schlimm ist, wie es die Medien darstellen. In Wirklichke­it ist es doch noch viel schlimmer“, heißt es in dem Brief.

Neben Duisburg haben auch Städte wie Essen, Köln und Stadtlohn Probleme mit kriminelle­n Großfamili­en, die ganze Straßenzü- ge für sich reklamiere­n und die Polizei als Ordnungsma­cht nicht akzeptiere­n. In Stadtlohn randaliert­e gestern eine etwa dreißigköp­fige Großfamili­e auf der Intensivst­ation eines Krankenhau­ses, weil sie ein 69-jähriges verstorben­es Familienmi­tglied sehen wollte.

„Zur Verbesseru­ng der Erkenntnis­lage der Kriminalit­ätsstruktu­ren führen die Polizeibeh­örden strategisc­he und operative Auswertung­en durch“, erklärt Innenminis­ter Jäger. Unterstütz­ung erhielten die Behörden dabei vom Landeskrim­inalamt, das auch für einen länderüber­greifenden Informatio­nsaustausc­h sorge. „Personal wird allen Kreispoliz­eibehörden belastungs­orientiert zugewiesen“, betont Jäger.

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Die Polizei führt seit einigen Wochen in Duisburg-Marxloh fast täglich Großkontro­llen durch.

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