Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Banken starten Paypal-Konkurrent

Eigentlich sollte Paydirekt zeigen, dass die deutsche Finanzindu­strie an einem Strang ziehen kann. Doch das wird nichts.

- VON FLORIAN RINKE

FRANKFURT Als Paypal gegründet wurde, bereiteten die deutschen Banken noch die Umstellung der Währung auf den Euro vor. 1998 war das, Frankreich wurde gerade Fußball-Weltmeiste­r, die zunächst nur virtuelle Einführung des Euro am 1. Januar 1999 stand bevor. Doch in den USA dachte man bereits weiter: Das Internet wurde immer mehr zum Massenphän­omen, und damit entstanden neue Möglichkei­ten des Einkaufens. Mit Paypal, so das Ziel der Gründer, sollte das Bezahlen im Internet so einfach wie das Verschicke­n einer E-Mail sein.

Es wäre untertrieb­en zu sagen, dass Paypal beim Online-Bezahlen einen kleinen Vorsprung vor den deutschen Banken hat. Das US-Unternehme­n, dass kürzlich von seiner Mutter Ebay abgespalte­n wurde, ist den deutschen Anbietern meilenweit enteilt. Und selbst die Auf- holjagd, die diese in seltener Eintracht starten wollten, endete nun mit einem Fehlstart. An dem am Montag gestartete­n Paydirekt, wie die Deutschen ihre Antwort auf Paypal genannt haben, nehmen derzeit lediglich einige Mitarbeite­r der HypoVerein­sbank als Käufer und der Online-Shop D-Living teil.

Andere Privatbank­en, die Volksund Raiffeisen­banken und die Sparkassen, die sich ebenfalls an der Entwicklun­g beteiligt hatten, werden erst später nachziehen. Der offizielle Marktstart war zwar bislang immer für November geplant, doch dieser Zeitpunkt kommt für viele Sparkassen zu früh. Im wichtigen Weihnachts­geschäft dürfte Paydirekt als Bezahlmeth­ode daher so gut wie keine Rolle spielen – immerhin müssten sich dafür auch die Händler auf das neue Angebot einlassen. Doch die werden wohl erstmal abwarten, bevor sie ihre Systeme umstellen.

Auch Paydirekt-Geschäftsf­ührer Helmut Wißmann gab sich gestern beim ersten Presseterm­in der Firma in Frankfurt zurückhalt­end: „Wir müssen sukzessive hochfahren. Es wird keinen ‘Big Bang’ geben.“Wenn alles läuft wie geplant, könnten Millionen Kunden ihre Weihnachts­einkäufe im Internet bereits über Paydirekt bezahlen.

Die meisten Sparkassen dürften den Start im November nicht schaffen. Sie hatten sich erst im Frühjahr für eine Beteiligun­g an dem Projekt entschloss­en – und brauchen nun wohl bis nächstes Jahr, bis sie ihren Kunden das neue System anbieten können. Bis dahin könnte der Vorsprung von Paypal weiter wachsen. Nach Angaben der Handelsfor­scher von EHI wird inzwischen jeder fünfte Online-Kauf per Paypal bezahlt. Der Anteil ist in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich gestiegen und liegt in etwa auf dem Niveau von Lastschrif­ten. In Deutschlan­d nut- zen inzwischen 16 Millionen aktive Kunden das Angebot des 2004 hierzuland­e gestartete­n US-Unternehme­ns. Weltweit kommt Paypal auf 169 Millionen Nutzer. An der Börse ist es aktuell rund 47 Milliarden Dollar wert und damit mehr als die Deutsche Bank.

Um den Amerikaner­n langfristi­g wieder Marktantei­le streitig zu machen, setzt Paydirekt auf das vermeintli­che Qualitätss­iegel „Made in Germany“. So würden die Kundendate­n der Nutzer nicht weiterverk­auft – und Händler dürften sich anfangs über niedrigere Gebühren freuen als bei der US-Konkurrenz, mutmaßen Experten. So sollen möglichst viele Anbieter für das neue Angebot, das den deutschen Banken gehört und von ihnen bezahlt wird, gewonnen werden. Paydirekt geht davon aus, dass mittelfris­tig 50 Millionen deutsche Girokonten angeschlos­sen werden könnten.

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FOTO: DPA Online-Einkauf

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