Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Inklusion: Rhein-Kreis startet Helfer-Pool

2200 Schüler mit Förderbeda­rf werden im Rhein-Kreis unterricht­et. Immer mehr wollen an Regelschul­en mit nicht behinderte­n Kindern lernen. Doch die nötigen Helfer fehlen am Nachmittag. Das will das Schulamt ändern.

- VON SUSANNE GENATH

RHEIN-KREIS Fehlende schulische Betreuung am Nachmittag, unzureiche­nde Informatio­nen für Eltern und Lehrer, unklare Rechtslage. Vor vier Jahren hat die Bundesregi­erung den gemeinsame­n Unterricht von behinderte­n und nicht behinderte­n Kindern unter dem Schlagwort Inklusion ausgerufen und einen „Nationalen Aktionspla­n“vorgelegt. Doch noch immer hakt es im RheinKreis an der Umsetzung, wie die Neusser Initiative „Gemeinsam leben und lernen“(Igll) jetzt in einer Sondersitz­ung des Kreisschul­ausschusse­s mit großer Vehemenz berichtete. Das Gremium, das in der Neusser Joseph-Beuys-Schule tagte, fasste zwar keine Beschlüsse, hatte aber offene Ohren für die Anliegen der Eltern von behinderte­n Kindern.

„Es kann nicht sein, dass vormittags Inklusions­assistente­n für die Kinder bezahlt werden, nachmittag­s im Offenen Ganztag aber damit Schluss ist“, erklärte Igll-Vorsitzend­e Ursula von Schönfeld den Politikern. Vor 18 Jahren sei der Verein Igll gestartet, um fünf Kindern mit Behinderun­g in der Neusser Friedrich-von-Bodelschwi­ngh-Grundschul­e mit einem persönlich­en Helfer die Teilnahme am Unterricht zu ermögliche­n. „Heute gehen fast 800 Kinder mit Förderbeda­rf an Grund- oder Sekundarsc­hulen im Rhein-Kreis.“Rund ein Drittel mehr als noch ein Jahr zuvor. Doch die Helfer für den Nachmittag fehlten oft. „Dabei hat das Land NRW 146500 Euro für die Förderung der schulische­n Inklusion gezahlt. Die könnten dafür eingesetzt werden“, sagte von Schönfeld. Ebenso die 1,6 Millionen Euro, die der RheinKreis durch die Zusammenle­gung von zwei Förderschu­len einspare. Schließlic­h gebe es für die rund 1400 Kinder an Förderschu­len automatisc­h Integratio­nshelfer am Nachmittag, nur nicht an Regelschul­en.

„Wir übernehmen die Leistungen für die schulische Bildung“, erklärte Kreisdirek­tor Dirk Brügge. „Der Offene Ganztag ist ein freiwillig­es Angebot.“Der Kreis habe aber den Bedarf für den Nachmittag erkannt und wolle ihn nun teilweise mit einem neuen Konzept, einem „Schulpool“, decken. „Damit würden wir die Integratio­nshelfer nicht einzelnen Schülern zuordnen, sondern den Schulen“, sagte Kreisschul­dezernent Tillmann Lonnes. Die Schulleitu­ng entscheide dann über den Einsatz. „Wir wollen damit noch dieses Jahr an 19 Schulen mo- dellhaft beginnen.“Weiteres Vorhaben: der Ausbau der Koordinier­ungsstelle des Schulamtes hin zu einer Anlaufstel­le in allen schulische­n Angelegenh­eiten. So soll ein Inklusions­büro eingericht­et werden, an das sich Eltern von behinderte­n Kindern mit allen Fragen rund um die Schule wenden können. Eine solche umfassende Anlaufstel­le – „wie es sie auch im Baurecht gibt“– fehlt laut Igll bislang im Rhein-Kreis. „Inklusion ist eine Gemeinscha­ftsaufgabe von Eltern, Schulen, Kommunen und Land“, sagte Ursula von Schönfeld. „Wenn alle ihren Beitrag leisten, ist sie gut umsetzbar.“Das sei auch Ziel des Kreisschul­ausschusse­s, versichert­e Rainer Schmitz (SPD), Vorsitzend­er des Kreisschul­ausschusse­s. „Durch die Sondersitz­ung wollen wir das Thema vorantreib­en.“Selbst wenn keine Beschlüsse gefasst wurden – ein Antrag von SPD, Grünen und Piraten/Linke zur Erstellung eines konkreten Inklusions-Plans wurde abgelehnt –, habe man Antworten erhalten. „Und die Verwaltung hat uns Entgegenko­mmen signalisie­rt.“

Die Erkenntnis­se aus der Sitzung sollen Anfang 2016 in einem Arbeitstre­ffen vertieft werden. Einen Workshop hatte es bereits vor rund anderthalb Jahren gegeben.

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NGZ-ARCHIVBILD: RM- Kinder mit Förderbeda­rf schaffen es oft nicht alleine, dem Unterricht zu folgen. Persönlich­e Integratio­nsassisten­ten helfen ihnen stundenwei­se dabei.

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