Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Francks Choräle im Münster neu entdeckt

Der Orgelsomme­r in St. Quirin macht mit der Musik von César Franck und anderen bekannt.

-

Rolf Geissler

Grafiker NEUSS (Nima) César Auguste Jean Guillaume Hubert Franck – so lautet der vollständi­ge Name des bedeutends­ten französisc­hen Komponiste­n der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts. Dem auch als Lehrer und Organist überragend­en Musiker, der von 1822 bis 1890 lebte und deutsch-belgischer Abstammung ist, verdankt die französisc­he Musik die Renaissanc­e und Erneuerung der großen Instrument­alformen. Das 125. Todesjahr des Komponiste­n war für Münsterkan­tor Joachim Neugart willkommen­er Anlass, den diesjährig­en Orgelsomme­r „César Franck und seinen Erben“zu widmen.

Das erste Konzert in der gut besuchten Quirinusba­silika spielte er selbst. Dabei dachte Neugart nach eigenem Eingeständ­nis bei der ersten Begegnung mit Francks Orgelwerk: „Was für eine schwierige Musik!“Erst später empfand er die musikalisc­hen Eigenheite­n und Neuerungen als „sehr inspiriere­nd“.

Seine Meisterwer­ke schrieb Franck erst in seinem letzten Jahrzehnt. Dazu gehören die „Drei Choräle“(1890). Ruhig und verhalten beginnt Neugart der ersten Choral in E-Dur, spielt im Schwellwer­k die Melodie an, bevor der Choral dann im Soloregist­er über grundieren­den Streichers­timmen ertönt. Im Maestoso-Schluss erfährt man spätestens, dass die große Münsterorg­el tatsächlic­h „neu“erklingt.

„Wir werden ein neues Instrument erleben“, hatte der Münsterkan­tor gesagt. Entscheide­nd dürfte dabei sein, dass neben der aufwendige­n Reinigung des Instrument­es (noch nicht abgeschlos­sen) das Blendwerk, also stumme Deko-Pfeifen, entfernt wurde. Nun wirkten die überreiche­n Farbkontra­ste der Orgel, mit denen der Interpret den dritten Choral in a-Moll exzellent registrier­te, sehr unmittelba­r.

So erfuhr man das schon oft gehörte Choralthem­a in fast esoterisch­er Schönheit und in Variatione­n bis zur Hymne gesteigert als Neuentdeck­ung.

Daran reichte die Musik seiner Erben nicht mehr heran. Das „Prélude“des Franck-Schülers Vincent d’Indy gab aber dem versierten Organisten Joachim Neugart Gelegenhei­t zu virtuoser Pracht. Théodore Dubois war Chordirige­nt an Ste- Clotilde in Paris, wo zur gleichen Zeit César Franck die große Orgel spielte. Seine „Toccata in G“aus den „Douze Pièces pour orgue“(1889) mit stark rhythmisie­rendem Bass im Pedal war ein gefälliges, aber ebenfalls virtuoses Stück. Mindestens ebensoviel Schwung hatte aber Neugarts Zugabe, eine Improvisat­ion über ein Sommerlied. Dass die Zuhörer die Melodie nicht erkannten, schmälerte die Begeisteru­ng über einen ansprechen­den Auftakt zum 21. Orgelsomme­r im Quirinusmü­nster keineswegs. InfoDas nächste Konzert beim Orgelsomme­r in St. Quirin findet heute Abend (20 Uhr) statt. Es spielt der Trierer Domorganis­t Josef Still. Der Eintritt an der Abendkasse kostet acht Euro.

Newspapers in German

Newspapers from Germany