Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Von der Leyen und das Mittelmaß

-

Noch nie haben der vorzeitige Blasenspru­ng und therapeuti­sche Entspannun­gsbäder in der Geburtsvor­bereitung ein solches mediales Interesse erfahren wie in den vergangene­n Tagen. Das liegt daran, dass vor 25 Jahren Ursula von der Leyen zu diesem Thema eine Doktorarbe­it geschriebe­n hat und ihr nun Plagiatsjä­ger vorwerfen, sie habe bei anderen abgeschrie­ben, ohne diese Passagen kenntlich gemacht zu haben. Weil die Öffentlich­keit von der Blase, wenn sie denn nicht mit Immobilien zu tun hat, wenig wissen will, und ein kollektive­s Entspannun­gsbad diesem Land zwar guttun würde, aber Kanzlerinn­enkritiker meinen, die Wannenkapa­zität habe ihre Grenze erreicht, läuft es am Ende auf die Frage hinaus: Was wird aus Ursula von der Leyen?

Promoviert­e Ärztin, Mutter von sieben Kindern (von ein und demselben Mann, mit dem sie immer

Hat die Verteidigu­ngsministe­rin in ihrer Doktorarbe­it Fehler gemacht? Offenbar wünscht sich das so mancher – das würde die Identifika­tion mit der Vorzeigepo­litikerin erleichter­n. Wie absurd!

noch verheirate­t ist!), den dementen Vater gepflegt, seit zehn Jahren Kabinettsm­itglied (so lange, wie Angela Merkel Kanzlerin ist!) – all das ist beeindruck­end. So beeindruck­end, dass nun tatsächlic­h einige Kommentato­ren meinen, eine unperfekte Doktorarbe­it sei für eine sonst ganz und gar perfekte Person wie Ursula von der Leyen eigentlich eine gute Sache. Sie habe eine „vorbildlic­he Politik“gemacht, ist im aktuellen „Spiegel“zu lesen, „doch war sie selbst jemals ein Vorbild?“Und weiter: Das Bild, das von der Leyen „in der Öffentlich­keit von sich hat entstehen lassen, war zu grandios, als dass es Identifika­tion zugelassen hätte“.

Nur, ist es die Aufgabe von Politikern, Identifika­tionsfigur zu sein? Dürfen sie über das Mittelmaß nicht hinauskomm­en, um massenkomp­atibel zu sein?

Die Antworten lauten: nein und nein. Wenn einer Ministerin wie Ur-

Newspapers in German

Newspapers from Germany