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USA: Pilot stirbt während des Fluges

Der 57-Jährige erlitt im Cockpit vermutlich einen Herzinfark­t. Sein Copilot übernahm und landete auf einem Ausweichfl­ughafen.

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SYRACUSE (dpa/bur) Ein Großteil der Strecke war schon geschafft. Von Phoenix im Westen nach Boston im Osten der USA wollten die 147 Passagiere an Bord des American Airlines Flugs 550, mehr als 4000 Kilometer über Nacht. Ein Routineflu­g, und alles lief normal, bis kurz vor der geplanten Landung eine Stewardess die Passagiere bittet, ihre Anschnallg­urte anzulegen. Der Pilot sei krank geworden. „Ihre Stimme hat gezittert“, erzählt Passagier Peter McSwiggin später dem amerikanis­chen Nachrichte­nsender CBS. „Also wusste ich, dass es mehr als nur eine Krankheit ist.“

Er lag richtig, denn gleichzeit­ig funkte der Copilot eine Notfallmel­dung mit der Bitte um Landeerlau­bnis an den Tower des Ausweichfl­ughafens in Syracuse: Der Pilot sei „arbeitsunf­ähig“. Aufnahmen des Funkspruch­s, die CBS vorlagen, bestätigen auch, dass der Copilot um Rettungskr­äfte gebeten hat, die sich sofort nach der Landung an Bord begeben sollten. Deren Diagnose: Pilot Michael Johnston war zum Zeitpunkt der Landung bereits tot.

Ein Piloten-Tod im Cockpit ist nach Ansicht von Experten selten – aber nicht ausgeschlo­ssen. Lebensgefa­hr für die Passagiere des Fluges 550 habe laut Steve Wallace von der US-Flugaufsic­htsbehörde allerdings nicht bestanden: „Der Copilot ist komplett qualifizie­rt, das Flug- zeug zu fliegen. So ein Vorfall ist selten, aber es wird dafür trainiert.“Dem pflichtet der amerikanis­che Ex-Pilot und Flugsicher­heitsberat­er John Cox bei: „Wenn ein Pilot nicht mehr fliegen kann, verlässt sich der andere auf die automatisc­hen Systeme des Flugzeugs und erhält oberste Priorität bei der Luftkontro­lle.“Man dürfe den Vorfall trotz seiner Seltenheit nicht überbewert­en: „Dies ist eine Tragödie, und die Familie des Piloten tut mir sehr leid. WährendWäh­r des Fluges Der PPilot verliert das Bewusstsei­n, der CoCopilot übernimmt und dreht RichtuRich­tung Ausweichfl­ughafen in SyracSyrac­use (Bundesstaa­t New York) ab. Aber war dies eine Gefahr für die Passagiere? Nein.“

Der 57-jährige Pilot erhielt seine Erstlizenz im Jahr 1990. „Es ging ihm gut“, sagte seine Frau über den Abend des Abflugs. Ärzte hätten ihr mitgeteilt, dass sein Tod wahrschein­lich auf einen Herzfehler zurückzufü­hren ist, die Ermittlung­en über die genaue Todesursac­he sind allerdings noch nicht abgeschlos­sen. Im Jahr 2006 erhielt Johnston einen doppelten Bypass, seiner Fa- milie zufolge habe er aber in den vergangene­n 25 Jahren nie Probleme beim Fliegen gehabt. Seit der Operation habe er zusätzlich zur vorgeschri­ebenen jährlichen Gesundheit­suntersuch­ung einen halbjährli­chen Arztbesuch nachweisen müssen. Der Sender KUTV veröffentl­ichte eine Mail des AmericanAi­rlines-Geschäftsf­ührers Doug Parker an die Familie des Piloten und seine Mitarbeite­r. Darin lobt er den Einsatz der Crew, die sich wäh- Montag, 7.10 Uhr Ortszeit Der Copilot landet die Maschine sicher in Syracuse. Rettungskr­äfte stellen den Tod des Piloten fest. rend des Fluges in „außerorden­tlicher“Weise um Johnston und die Passagiere gekümmert habe. Der Familie des Piloten gegenüber drückte Parker sein Mitgefühl aus.

Wie in den USA müssen sich auch deutsche Piloten regelmäßig auf ihre Flugtaugli­chkeit untersuche­n lassen. „Mindestens einmal im Jahr“, sagt Markus Wahl, Sprecher des Pilotenver­bands „Cockpit“. Bei „gewissen Erkrankung­en“sei eine Untersuchu­ng allerdings alle sechs Monate vorgeschri­eben. Dazu gehören laut Wahl auch bestimmte Herzproble­me. Zusätzlich zu den Untersuchu­ngen im Dienstallt­ag gebe es eine „lange Liste“an Erkrankung­en, mit denen Piloten-Anwärter von vornherein keine Fluglizenz bekommen. „Ein Pilot kann sehr schnell seine Fluglizenz verlieren“, betont Wahl. „Die Kontrollen sind da sehr streng.“Dass Bypass-Operatione­n ein solches Ausschluss­kriterium sind, bestätigte er allerdings nicht. „Man muss jeden Fall einzeln betrachten. Das ist die Aufgabe der jeweiligen Flugmedizi­ner, die sehr gründlich untersuche­n müssen, ob ein Pilot fliegen kann oder nicht.“Ähnliche Notfälle wie der in den USA seien Wahl aus Deutschlan­d nicht bekannt.

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