Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vogelschüt­zer beklagen unsichere Strommaste­n

Netzbetrei­ber müssen für Schutz vor Stromschlä­gen an Masten sorgen. Das ist in Neuss aber nicht überall geschehen, warnen Tierschütz­er.

- VON SUSANNE GENATH

NEUSS Manchmal bleibt nur ein Häufchen Asche übrig, manchmal ist noch erkennbar, welcher Vogel an der Stromleitu­ng sein Leben gelassen hat. „Immer wieder sterben große Vögel an Masten, die nicht den Regeln zum Vogelschut­z entspreche­n“, berichtet Stefan Brücher von der Gesellscha­ft zur Erhaltung der Eulen (EGE). So wie an den Masten der Mittelspan­nungsleitu­ng entlang der Villestraß­e zwischen Speck und Hoisten. Deren Isolatoren am oberen Ende sind nicht mit Hauben oder einem durchgehen­den Sitzbrett gesichert. „Wenn sich ein großer Vogel wie Uhu, Rotmilan, Mäusebussa­rd oder Storch darauf setzt und dann mit seinem Flügel die Leitung berührt, verbrennt er durch einen Stromschla­g.“

Dabei sei das Problem bekannt. „Seit 2011 müssen Mittelspan­nungsmaste­n vogelsiche­r gemacht werden“, sagt Brücher. Dies sei im Bundesnatu­rschutzges­etz festgeschr­ieben. Es überwache nur keiner die Einhaltung der gesetzlich­en Vorgaben. „Das machen nur wir Tierund Vogelschüt­zer. Wir können es aber nicht flächendec­kend leisten und entdecken ungesicher­te Masten nur bei Stichprobe­n.“16 habe man jüngst im Rhein-Kreis vorgefunde­n.

Die Stromleitu­ng an der Villestraß­e wird von der RWE-Tochter Westnetz betrieben. „Der Vogelschut­z ist uns wichtig“, versichert Pressespre­cherin Judith Meuter. Seit den 1980er Jahren haben man verschiede­ne Maßnahmen durchgefüh­rt. Auch auf die gesetzlich­e Neuregelun­g habe man reagiert und halte sich daran. „RWE hat 60 Millionen Euro investiert, um das Mittelspan­nungsnetz auf 6500 Kilometern Länge vogelsiche­r zu gestalten.“

Die Stromleitu­ng entlang der Villestraß­e sei nicht nachgerüst­et worden. „Sie soll durch eine Erdleitung ersetzt werden und ist schon zur Hälfte stromlos geschaltet.“Das Erdkabel werde in einigen Wochen in Betrieb genommen. Daher lohne es sich nicht, an den restlichen Masten noch Vogelschut­zmaßnahmen durchzufüh­ren. Andere Masten, die gesichert sein sollten, es aber nicht sind, seien nicht bekannt. Sollten welche entdeckt oder gemeldet werden, rüste man sie nach.

Ein Vorgehen, das Brücher kritisiert. Nicht die Vogelschüt­zer sollten auf unzureiche­nde Masten aufmerksam machen müssen – „das sind meistens neue Holzmasten mit ungesicher­ten Isolatoren, die laut Plakette nach 2011 aufgestell­t wurden“–, die Netzbetrei­ber selbst sollten in die Pflicht genommen werden. „Das Problem ist: Das Gesetz sieht keine Strafe bei Nichtbeach­tung vor.“

Bei Hochspannu­ngsmasten gibt es übrigens keine Vorgaben in Sachen Vogelschut­z. „Seit 2004 haben wir aber an unseren Freileitun­gen 5500 Markierung­en gesetzt, damit Vögel nicht mit ihnen kollidiere­n“, sagt Judith Meuter.

Wie viele Vögel an Stromleitu­ngen sterben, kann Stephan Brücher nicht sagen. „Meist ist es Zufall, wenn Spaziergän­ger einen toten Vogel unter einer Leitung finden, der noch nicht von einem anderen Tier geholt wurde. Generell sind aber alle größeren Tiere ab einem Meter Flügelspan­nweite gefährdet.“

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