Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Mildere Strafen für Verschleppung
44-Jähriger war sechs Tage lang gefangen gehalten und gefoltert worden.
Wesentlich milder als der Staatsanwalt hat das Landgericht gestern fünf Männer und eine Frau beurteilt. Für einen Überfall auf einen 44-Jährigen bei dessen Wohnungseinweihung, seine totale Ausplünderung, Verschleppung nach Wuppertal, Folterung und Gefangennahme über sechs Tage hinweg verhängten die Richter nur gegen den Haupttäter eine Haftstrafe von sieben Jahren. Vier weitere Männer kamen mit geringeren Haftstrafen davon, zwei sogar auf Bewährung. Und die Frau (34), um die der Streit entstanden war, muss 1500 Euro Strafe zahlen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Bei einem Disput Mitte 2014 soll der 44-Jährige die Frau zu Boden geschubst und getreten haben. Dafür sollte ihm, so einige Angeklagte, „eine Lektion erteilt“werden, als zwei ihrer Halbbrüder und weitere Kumpels in einer Wuppertaler Wohnung mit Drogen und Alkohol feierten. Angereist ist die Truppe just zur Einweihungsfeier des 44-Jährigen in Unterbach. Dort habe man ihn „weghauen“wollen, doch das Gericht ging nicht davon aus, dass „ein Rollkommando voller Rache“ankam. Wahrscheinlich sei der Angriff nach und nach erfolgt.
So habe man mit den Partygästen in Unterbach sogar gefeiert und getrunken. Erst dann wurde der 44Jährige von mehreren Besuchern bewusstlos geprügelt, seine Wertsachen wurden verschleppt, sein Hund entführt, sein Auto verkauft. Und bevor er wieder zu sich kam, hatte die Truppe ihn in die Wohnung des 23-Jährigen nach Wuppertal verschleppt, wo er tagelang gefangen gehalten und vielfach gefol- tert wurde. Ob die mitangeklagte Frau die treibende Kraft war, hielt das Gericht für „möglich, aber nicht sicher“. Sie wurde wegen „Nichtanzeige einer Straftat“lediglich mit 1500 Euro bestraft. Der Wohnungsmieter aus Wuppertal bekam mit sieben Jahren Haft die höchste Strafe, zwei Halbbrüder der Frau erhielten je drei Jahre und drei Monate.
Zwei weitere Komplizen kamen nach Jugendrecht mit je 18 Monaten Bewährungsstrafe davon. Dabei hatte der Staatsanwalt drastische Strafen gefordert: Zehn Jahren Haft für zwei Haupttäter, je dreieinhalb Jahre für die jüngsten Mitglieder der Truppe. Auch an eine passive Rolle der Frau glaubte er nicht, beantragte für sie fast acht Jahre Haft. Von Bewährung oder Geldstrafe war bei ihm keine Rede. Gegen zwei weitere Verdächtige wird demnächst noch gesondert verhandelt.